Frankreich verbietet Umweltgruppen: Aufstand aufgelöst
Frankreichs Regierung verbietet die Ökogruppe „Aufstand der Erde“ wegen „gewaltsamer Aktionen“. Doch die Aktivist:innen wehren sich.
PARIS taz | Als die französische Regierung am Mittwoch die Auflösung der Umweltbewegung „Aufstand der Erde“ (Soulèvements de la Terre, SLT) verkündete, war die Klimaaktivistin Greta Thunberg gerade in Paris. „Anstelle derjenigen, die das Feuer legen, wird der Feueralarm für seinen lauten Ton bestraft“, kritisierte die Schwedin. Aufstand der Erde will vor dem Staatsrat, dem obersten Verwaltungsgericht, Einspruch einlegen. Es ist das erste Mal, dass eine Ökogruppe in Frankreich aufgelöst wird.
Hunderte Menschen protestierten am Mittwoch in mehr als hundert Städten gegen die Entscheidung. Politiker:innen der Grünen, Sozialisten und der Linkspartei LFI sagten in der Zeitung Libération: „Wir werden die Auflösung des Aufstands nicht akzeptieren.“ Die Kritiker:innen werfen der Regierung vor, ihr Versagen beim Klimaschutz mit dem Verbot zu kaschieren.
Regierungssprecher Olivier Véran verwies seinerseits darauf, dass die Gruppe nicht wegen ihrer Ideen aufgelöst werde, sondern wegen gewaltsamer Aktionen. „Der Rückgriff auf Gewalt ist in einem Rechtsstaat nicht legitim.“ In einem siebenseitigen Dekret wird der Bewegung vorgeworfen, Polizist:innen anzugreifen und zu Sabotageakten aufzurufen – sie verbreite etwa Anleitungen dafür, Wasserspeicher zu zerstören.
Bei Aufstand der Erde handelt es sich um ein loses Netzwerk, dem Gewerkschafter:innen, Landwirt:innen und Wissenschaftler:innen angehören. Es kämpft für den Erhalt von Wasserressourcen, gegen die Agro- und die besonders klimaschädliche Zementindustrie. Zuletzt demonstrierte Aufstand der Erde am vergangenen Wochenende gegen den Bau der Bahnstrecke Lyon–Turin. Dort kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Einsatzkräften.
Innenminister Gérald Darmanin bezeichnete die Aktivist:innen als „Öko-Terroristen“, doch die Bewegung wehrt sich dagegen, als terroristische, linksextreme Kleingruppe eingestuft zu werden. Der Anwalt von Aufstand der Erde, Raphaël Kempf, warf der Regierung vor, mit dem Verbot gegen die Vereinigungs- und die Meinungsfreiheit zu verstoßen. „Man löst einen Aufstand nicht auf“, schrieb die Bewegung auf Twitter. „Alles geht weiter.“
Leser*innenkommentare
yeoldelloyd
Was für Klimaaktivisten sind das bitte, die gegen den Ausbau von Bahnstrecken protestieren?
Tom Lehner
@yeoldelloyd Das Gründen einer Umwelt- bzw. Klimagruppierung die sich für den Erhalt des Klimas und damit dem Erhalt der Natur einfordert wird verboten? Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Im Land der Revolution? Eher Scheinheiligkeit. Mich wundert nichts mehr. Meister Söder und seine Pumuckles haben ja schon die Präventivhaft für Protestierende eingeführt. Was müssen unsere Kinder denn noch alles ertragen damit wir kapieren das auch sie Rechte haben ihre Meinung und ihre Anliegen vorzubringen? Stattdessen werden Menschen kriminalisiert und "Präventiv" weggesperrt. Das ist nicht viel anders als in den späten Sechzigern, wo unsere "Leitmedien" offen gegen die Studenten an den Unis gehetzt haben, weil die es gewagt hatten gegen Krieg und eine unaufgearbeitete Nazizeit zu demonstrieren. Auch da wurden Notstandsgesetze durchgedrückt. Wir wissen alle wohin das geführt hat.
Tom Lehner
@yeoldelloyd Weil man über Sinn und Unsinn einer Hochgeschwindigkeitsstrecke quer durch die Alpen durchaus sprechen und auch vortrefflich streiten kann.
Nicht alles was auf Schienen fährt ist auch sinnvoll.
Libuzzi
@yeoldelloyd Bein den franzöischen TGV-Strecken kann man durchaus an der Klimabilanz zweifeln: soviel Beton, wie da verbaut ist, und soviel Fläche, wie dafür verbraucht wird, und dann Züge, die 300 km/h fahren ... Vielleicht gar nicht so klimafreundlich, wie propagiert wird.
pablo
Sonst versenken sie nur die Schiffe von Umweltorganisationen
Zebulon
@pablo Das ist aber jetzt wirklich nachtragend. ;-) aber ja, da war doch mal etwas ...