piwik no script img

Frankreich-Rundfahrt der FrauenVorfreude auf den mythischen Gipfel

Bei der Tour de France Femmes profitieren einige von der Infrastruktur ihrer Männerabteilung. Eigenständige Frauenteams mischen dennoch vorne mit.

Auf der zweiten Etappe der Tour de France Femmes Foto: Richard Brunel/MAXPPP/imago

Frauenradsport kann große Freude bereiten. Während sich die Belgierinnen Julie de Wilde und Sanne Cant vom Rennstall Fenix-Deceuninck am Start der 2. Etappe der Tour de France Femmes in Clermont-Ferrand auf der Rolle warm fahren, ertönt aus den Boxen des Busses der Beatles-Song „Let It Be“. Wer rings um den Bus steht, fängt an zu singen oder bewegt einfach nur Arme und Beine im Takt. Die Frauen auf den Rädern lachen. Die Atmosphäre ist gut und nahbarer als bei der Tour de France der Männer.

Weniger ernsthaft wird an das Rennen dennoch nicht herangegangen. „Es ist das wichtigste und größte Rennen im Frauenradsport, organisatorisch auf einem anderen Niveau als der Giro Donne und von der Medienaufmerksamkeit her natürlich gar nicht zu vergleichen“, sagt Paolo Slongo, Trainer und Sportlicher Leiter bei Lidl Trek.

Slongo kennt sie alle, die großen Rundfahrten, ob Tour de France oder Giro d’Italia der Männer oder Giro Donne und Tour de France Femmes. Er hat Vincenzo Nibali trainiert, der zu den wenigen Radprofis gehört, die alle drei Grand Tours gewonnen haben. Jetzt trainiert er Elisa Longo Borghini, eine der Mitfavoritinnen für das Podium der Tour de France der Frauen. „Leider ist sie beim Giro gestürzt, die Vorbereitung auf die Tour war nicht optimal“, erzählt der Italiener.

Dennoch will sein Team die Großmeisterin des Frauenradsports, die aktuelle Weltmeisterin und Siegerin aller drei großen Rundfahrten, Annemiek van Vleuten, unter Druck setzen.

Das Peleton bei der 2. Etappe von Clermont-Ferrand nach Mauriac am 24. Juli Foto: frontalvision/imago

Von den Trainingsmethoden her unterscheidet Slongo nicht groß zwischen Athletinnen und Athleten. „Die Umfänge sind kleiner bei den Frauen, die Etappen sind ja auch kürzer. Aber die Basis ist gleich“, erzählt er. Immer mehr rücken die Männer und Frauenteams der WorldTour aneinander.

Ob Lidl Trek, für die er arbeitet, oder Jumbo-Visma, Movistar, dsm-firmenich oder Groupama FDJ, viele Rennställe haben die Busse direkt von der Männertour zur Frauentour gebracht. Auch Physiotherapeuten und Mechaniker sind teilweise dieselben. „Das Personal wechselt zwischen Männern und Frauen hin und her, je nach Bedarf“, erläutert Slongo.

Die beste jüngste Fahrerin

Das Gelbe Trikot übernahm am ersten Tag die Belgierin Lotte Kopecky vom reinen Frauenteam SD Worx. Auch die Bergkönigin der ersten Etappe, Katarzyna Niewiadoma, fährt für einen eigenständigen Frauenrennstall, Canyon SRAM vom Berliner Ronny Lauke.

Gleich zwei große Fahnen, die auf Führende in Spezialwertungen hinweisen, befinden sich am mobilen Basislager des zweiten deutschen Rennstalls, Ceratizit WNT. „Wir haben die beste jüngste Fahrerin, Cédrine Kerbaol, und auch die aktivste Fahrerin der 1. Etappe, Marta Lach“, erzählt Teamchef Dirk Baldinger stolz. Eigenständige Frauenteams können also mithalten, sportlich sowieso, aber auch finanziell und in Sachen Material.

In diesem Jahr erfolgte der Start der Tour de France Femmes nicht wie zuletzt in Paris, sondern in Clermont-Ferrand. „Paris ist natürlich immer speziell, aber auch hier in Clermont-Ferrand ist die Begeisterung riesengroß. Wir werden angefeuert, es stehen viele Menschen an der Straße“, sagt Juliette Labous vom Team dsm-firmenich. Sie war im letzten Jahr Vierte der Gesamtwertung und will mindestens einen Platz weiter nach oben kommen. Am meisten freut sich die französische Kletterspezialistin auf den Tourmalet, der am Samstag erklommen wird: „Es ist einfach toll, dass jetzt die mythischen Gipfel der Tour auch uns offen stehen.“

Acht Etappen umfasst die Tour. Beendet wird sie am Sonntag mit einem Zeitfahren in Pau.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!