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Fragen an den BundeskanzlerAuf ein Wort, Herr Scholz!

Unser Autor hat Mitleid mit dem Kanzler. Deshalb hat er ein paar Fragen vorbereitet, auf die Scholz nur mit einem einzigen Wort antworten muss.

Hamburger Maulfaulheld Olaf Scholz Foto: Kay Nietfeld/dpa

G ibt es Hitzefrei auch für Kolumnisten? Dieser Text entsteht jedenfalls bei einer Innenraumtemperatur von 27 Grad in einer Dachgeschosswohnung, die Buchstaben tanzen über den Bildschirm, als wären sie bayerische Schuhplattler. Ganze Sätze fallen unter diesen Bedingungen schwer, womit wir schon bei Olaf Scholz wären, dem Hamburger Maulfaulhelden.

Bei der Pressekonferenz zum Abschluss des G7-Gipfels in Elmau am Dienstag stellte eine Journalistin der Deutschen Welle dem deutschen Bundeskanzler eine durchaus berechtigte Frage zum Krieg in der Ukraine und der Rolle der G7-Staaten. Sie fragte: „Herr Bundeskanzler, die G7-Staaten bekannten sich sehr ausdrücklich zu den Sicherheitsgarantien für die Ukraine auch nach dem Krieg. Könnten Sie konkretisieren, welche Sicherheitsgarantien das sind?“ Olaf Scholz antwortete: „Ja, könnte ich.“ Und nach einer Pause: „Das wars.“

Scholz grinste dann sein Grinsen, dass Markus Söder mal als schlumpfig bezeichnet hat. Scholz hatte wohl einen Witz versucht, aber der kam noch schlechter an als die fossile Sozial­demokratie in der postfossilen Gegenwart.

Aber ich muss meinen Kanzler an dieser Stelle in Schutz nehmen. Er hat es schließlich nicht leicht: Täglich muss Scholz vor Publikum freundlich auf teils wortgleiche Fragen antworten, ohne dabei etwas Neues zu sagen (auch in diesem Fall war ihm die gleiche Frage kurz vorher gestellt worden). Und täglich muss er im Pressespiegel lesen, dass der Robert wieder so toll gesprochen habe, wie toll der Robert das schon wieder erklärt habe, dass der ja der viel bessere Kanzler sei.

Ein Witz und keiner lacht

Doch an diesem Dienstagmorgen, beim Zähneputzen in Elmau, muss Scholz in den Spiegel geschaut und gedacht haben: Heute mache ich mal einen Witz. Und dann geht der so nach hinten los! Wer kennt es nicht, man macht einen Witz und keiner lacht. Oder wie mein Sohn letztens sagte: „Aber Papa, das ist doch fast gar nicht lustig.“ Wie unangenehm!

Weil ich Mitleid mit dem Bundeskanzler habe, habe ich deshalb ein paar Fragen vorbereitet, auf die er nur mit einem einzigen Wort antworten muss. Los gehts!

Haben Sie diesen Gipfel-Zirkus in Elmau für insgesamt 150 Millionen Euro nur veranstaltet, weil Angela Merkel auch so einen hatte?

Trendthema Nachhaltigkeit: Hätten Sie die anderen wichtigen Männer nicht in die Elbphilharmonie einladen können? Joe Biden hätte sich bestimmt gefreut, in den Sesseln mal ein Nickerchen zu machen.

Was leuchtet schöner, der Himmel über Elmau oder das brennende Schanzenviertel?

Bald ist Winter: Bei welcher Innenraumtemperatur werfen Sie die Ukraine unter den Bus?

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Fragen Sie sich auch manchmal, wie Sie da eigentlich gelandet sind, wo Sie sind?

Haben Sie eine Erklärung, warum demonstrative Mittelmäßigkeit in Deutschland so beliebt ist?

Könnten Sie auch kotzen, wenn Sie an den Brechmitteleinsatz und Achidi John denken?

Und wie viele Minuten duschen Sie?

Beim G7-Gipfel haben Sie beschlossen, dass reiche Staaten weiterhin Gas-Pipelines im Ausland bauen dürfen. Welches Jahr haben wir?

Und zum Schluss noch eine Frage, auf die Ihre Antwort von der Pressekonferenz tatsächlich passt: Könnten Sie sich vorstellen, bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr zu kandidieren? „Ja, könnte ich“. Das wars.

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Kersten Augustin
Ressortleiter Inland
Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.
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5 Kommentare

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  • Also mir hat's gefallen :o)

  • Hol mir mal 'ne Flasche Bier, Flasche Bier, Flasche Bier ...

    Ich linke ausnahmsweise mal Richtung YouTube:



    www.youtube.com/watch?v=Xo86klWK-Ec

    Es gibt Kanzler [vorzugsweise aus der SPD], die sich jeder Satire entziehen - einfach weil keine satirische Überzeichning mehr denkbar ist...

  • Danke für nix....



    Was will uns der Autor mit diesem Artikel eigentlich sagen?

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Unser Autor hat Mitleid mit dem Kanzler.“ Ich habe Mitleid mit Herrn Augustin und beantworte seine Frage: „Gibt es Hitzefrei auch für Kolumnisten?“ mit „Besser wäre das.“ Und empfehle zur Freibadlektüre Schopenhauer: „Die Kunst zu beleidigen“.

  • Es war ja nicht allein Olaf Scholz, sondern vor allem seine SPD, zuletzt nur noch ein unkritisch auf Zusammenhalt bedachter Haufen aufstiegsgieriger Typen, im Zusammenwirken mit einer zwar integren, aber auch gegenüber den Fragen der Zeit zurückgebliebenen Partei, CDU-Kanzlerin, die in den letzten Jahrzehnten die ökonomischen Krisen und den Klimawandel nur verwaltet hatten. Alles laufen lassen, um nur nicht der durch globalen Wettbewerb bei sich laufend erhöhenden Risiken ständig um ihre Profite kämpfenden Wirtschaft zu schaden. Inzwischen hat sich die wertschöpfende Industrie weitgehend auf Mitteleuropa zurückgezogen, zu hoch wurden Löhne und Gehälter und ökologischen Nebenkosten gegenüber den Bedingungen aufstrebender Staaten, die gleichzeitig -begrenzt- ihre Märkte öffneten. Ein deutscher Kanzler -eines Landes ohne Rohstoffe, einer alternden Bevölkerung, einem unterfinanzierten Militär und einem inzwischen nicht mehr konkurrenzfähigen Bildungswesen- kann da nur als Bittsteller und Moderator auftreten. Scholz repräsentiert einen zahlosen Tiger und wurde nur gewählt, weil der Mitbewerber der CDU dem immer spontaner entscheidenden Wähler noch unglaubwürdiger wirken konnte. Es ist eine Tragödie, dass grüne Möchtegerne im Zusammenspiel mit den Altparteien die Zeichen der Zeit nicht verstanden haben und in diesem Theater mitspielen.