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Forschung zur Waldbrandgefahr in KanadaKlimawandel begünstigt die Feuer

Eine Studie zeigt: Die CO₂-Emissionen haben heiße und trockene Wetter viel wahrscheinlicher gemacht. Und damit auch die Waldbrandgefahr erhöht.

Großbrand in einem Wald in Quebec im Juni 2023 Foto: Canadian Forces/reuters

Berlin taz | Die Bilder von Wänden aus Feuer und Dunst gingen um die Welt: Zwischen Mai und Juli wüteten Waldbrände in der kanadischen Provinz Québec. Mindestens 17 Menschen starben, 150.000 wurden evakuiert, zahlreiche Häuser verbrannten, selbst das 600 Kilometer entfernte New York war zeitweise in gelbe Rauchschwaden aus Kanada gehüllt. Und sogar in Teilen Europas waren sie noch in feinen Spuren zu sehen. Die Wetterbedingungen während dieser Zeit waren durch die Klimakrise mindestens doppelt so wahrscheinlich, zeigt nun eine Studie.

Waldbrände werden zwar nicht durch ein bestimmtes Wetter ausgelöst, es braucht erst einmal einen Funkensprung, etwa durch Blitze, Zigarettenkippen oder Lagerfeuer. Wenn es dann aber besonders heiß, trocken und windig ist, breiten sich die Brände in besonders trockenen Gehölzen leichter aus.

Solche Wetterbedingungen herrschten in Québec, während es zu den extremen ­Bränden im Frühsommer kam – und wären ohne ­Klimawandel nicht unmöglich, aber eben viel weniger wahrscheinlich gewesen. Das zeigt die Studie der Forschungsinitiative World ­Weather Attribution, die in ihren Unter­suchungen ­regel­mäßig nach dem Anteil des Klimawandels an einzelnen Wetterereignissen sucht.

Mit Klimamodellen ermitteln die Wissen­schaftler:innen, wie wahrscheinlich es war, dass das fragliche Wetterereignis auftritt. Dann wird die Variable der Erderhitzung angepasst. In einer computersimulierten Welt ohne die menschlichen Treibhausgasemissionen wird die Wahrscheinlichkeit noch einmal getestet. Liegt sie nun niedriger, kann man die Dif­ferenz auf die aktuelle Klimakrise zurückführen.

Nur geprüfte Methoden

So war es auch bei den untersuchten Wetterbedingungen in Kanada, die demnach durch die Klimakrise mindestens doppelt so wahrscheinlich und um 20 bis 50 Prozent intensiver wurden. Die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen haben die Ergebnisse in Eigenregie veröffentlicht, nicht in einem Fachmagazin. Das ist üblich für World Weather Attribution.

Nach dem Brand wird ein Wald in Quebec im Juli von den Behörden begutachtet Foto: Adrian Wyld/The Canadian Press/ap

Die Gruppe will ihre Analysen der Öffentlichkeit immer möglichst schnell nach einem Extremwetterereignis zur Verfügung stellen. Der normale Publikationsprozess würde das in die Länge ziehen. Das bedeutet zwar auch, dass die Ergebnisse nicht durch die gängigen Prüfverfahren unabhängiger Kol­le­g:in­nen gegangen sind. Die For­sche­r:in­nen nutzen aber nur Methoden, für die das sehr wohl gilt.

Bedingungen wie in einer Streichholzschachtel

„Die steigenden Temperaturen schaffen streichholzschachtelartige Bedingungen in kanadischen Wäldern und rings um den Globus“, sagte die Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London, die World Weather Attribution leitet. „Solange wir nicht aufhören, fossile Kraftstoffe zu verbrennen, wird es immer mehr Waldbrände geben, die auf größeren Flächen und für längere Zeit brennen.“

Insgesamt hat es in Kanada im Mai und Juni auf fast 14 Millionen Hektar gebrannt – das Doppelte des bisherigen Rekords für diesen Zeitraum, eine größere Fläche als Griechenland. „Das Wort ‚ohnegleichen‘ wird der Stärke der diesjährigen Waldbrandsaison in Kanada nicht gerecht“, sagte Yan Boulanger von Kanadas Ministerium für natürliche Ressourcen.

Ohnegleichen dürften das Feuerextrem oder zumindest die begünstigten Wetterbedingungen nicht bleiben: Schon bei den aktuell rund 1,2 Grad Erderhitzung würden sie alle 25 Jahre auftreten, heißt es in der aktuellen Studie.

Indes brennt es schon wieder, diesmal im Westen von Kanada. In der Provinz British Columbia und den Nordwest-Territorien mussten zehntausende Menschen ihre Häuser verlassen, wegen des Qualms wird zudem die Luftqualität immer schlechter.

Auch in Griechenland brennt es erneut stark, genauso auf der Kanaren-Insel Teneriffa. Im US-Bundesstaat Hawaii hatten Waldbrände im August mehr als 100 Menschen auf der Insel Maui getötet, rund 1.000 Personen gelten noch als vermisst.

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4 Kommentare

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  • Einen wichtigen Faktor nicht vergessen: Flächen-Zersiedlung.

  • Da muss ich jetzt aber doch ein paar ketzerische Gedanken loswerden:



    1) Der Klimawandel ist zweifellos EIN Faktor, der Waldbrände begünstigt. Aber auch wenn wir jetzt und schlagartig alle fossilen CO2-Emissionen einstellen, wird das Klima in absehbarer Zeit nicht wieder kälter, es wird bestenfalls nur weniger wärmer. Wenn wir weniger Waldbrände haben wollen, müssen wir an anderen Faktoren drehen.



    2) Waldbrände setzen Energie und CO2 frei. Das gleiche tun wir, wenn wir fossile Brennstoffe verheizen. Wir haben daher jetzt (a) das "fossile" CO2 in der Luft und (b) das CO2 der Waldbrände. Vorsicht, TRIGGERWARNUNG, jetzt kommt es ganz böse: Hätte man die Wälder rechtzeitig, bevor sie verbrennen, abgeholzt und statt Braunkohle u.ä. zur Energiegewinnung genutzt, hätten wir jetzt insgesamt weniger CO2 in der Luft.



    3) Wenn die in [1] genannten Zahlen stimmen, machen anthropogene CO2-Emissionen weniger als 10 % der gesamten Emissionen aus, der weit überwiegende Teil stammt aus natürlichen Quellen. Nein, ich will die anthropogenen Emissionen nicht kleinreden, sie sollten vermindert werden. Ich frage mich aber, ob es wirklich so gut ist, Biomasse einfach ungenutzt in der Landschaft verrotten zu lassen.



    [1] de.wikipedia.org/w...endioxid#Vorkommen

  • Ich bin eigentlich immer ein meckernder Quälgeist, aber mein größtes Lob an Frau Schwarz die Prämisse von Klimawandel zu Waldbränden richtig zu beschreiben.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Wenn überhaupt, sind Blitze in solchen Besiedlungs- und solchermaßen erschlossenen Waldbewirtschaftungsregionen wie Quebec der unwahrscheinlichste mögliche Auslöser für Waldbrände und sollten m.E. daher, wenn überhaupt, als letztes genannt werden.