Forderung der FDP: Weniger Arbeitslosengeld für Ältere

FDP-Generalsekretär Christian Lindner erhöht den Druck auf Ältere, sich einen Job zu suchen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind kaum besser geworden.

Vorschlag im Sommerloch: Christian Lindner will an das Alg I der Älteren. Bild: dpa

BERLIN taz | FDP-Generalsekretär Christian Lindner möchte ältere Arbeitslose künftig schneller vom komfortableren Arbeitslosengeld I (Alg I) auf Hartz IV zurückstufen. Er forderte am Mittwoch per Handelsblatt, die längere Bezugsdauer des Alg I für Arbeitslose über 58 Jahre zu verkürzen: "Die Lage auf dem Arbeitsmarkt erfordert keine Quasi-Frühverrentungsformen. Ältere Arbeitnehmer werden als Fachkräfte gebraucht."

Ältere haben derzeit zwei Jahre Anspruch auf Alg I, wenn sie zuvor mindestens vier Jahre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet haben. Jüngeren steht das Geld maximal ein Jahr zu, sie müssen dafür zwei Jahre Beiträge bezahlt haben. Die aktuelle 58-er-Regelung hatte die große Koalition Anfang 2008 auf Betreiben der CDU/CSU eingeführt.

Lindner sagte, selbst die Bundesagentur für Arbeit (BA) sehe die aktuelle Bezugsdauer von bis zu zwei Jahren kritisch. Sprecherin Frauke Wille wollte das nicht kommentieren. BA-Chef Hans-Jürgen Weise hatte zur 58-er-Regelung vor zwei Monaten gesagt: "Das kann eine Überlegung der Politik sein, wenn die Beschäftigungschancen steigen."

Wille beschreibt den Trend so: Ältere hätten aufgrund des Fachkräftemangels mehr Chancen, länger im Beruf zu verbleiben. Doch verlieren sie einmal ihren Job, dann sei es ungleich schwerer für sie. "Die Arbeitslosigkeit ist dann deutlich hartnäckiger."

Bundesregierung will von dem Vorschlag nichts wissen

Im Juli 2011 gab es etwas über 140.000 neue Arbeitslose zwischen 50 und 65 Jahren. Ein Jahr zuvor waren es noch gut 153.000. Zugleich verließen aber im gleichen Zeitraum rund 12.000 weniger Ältere das Arbeitslosensystem. Und davon fand nur eine kleine Zahl einen Job, für den sie zudem länger suchen mußte als der Schnitt - nämlich 51,4 statt 36 Wochen.

Die meisten Älteren aber scheiden ganz aus dem Erwerbsleben aus oder werden arbeitsunfähig. Unterschiede zwischen Älteren und Jüngeren zeigt auch die Arbeitslosenquote: Im Juli lag sie insgesamt bei 7 Prozent, unter den 55-65-Jährigen jedoch bei 8,3 Prozent. 21,4 Prozent der Älteren sind zwei Jahre und länger arbeitslos.

Immerhin sei es heute besser als früher, meint Matthias Knuth, Forscher am Institut für Arbeit und Qualifikation. Die Einstellungshäufigkeit der über 50-Jährigen erreiche bereits 65 Prozent der 35-49-Jährigen. Knuth will die 58-er-Regelung auch abschaffen - allerdings anders, als es Lindner vorschwebt. Der Forscher fordert, allen Arbeitslosen das Recht auf zwei Jahre Alg-Bezug zu geben, wenn sie die Versicherungsbeiträge geleistet haben. Allerdings sollten die Auszahlungen ab dem 2. Jahr sinken, nie jedoch unter den Hartz-IV-Satz von 364 Euro.

"Dann haben wir ein klares Signal zur Jobsuche, aber nicht mehr die Angst, schon nach einem Jahr in Hartz IV zu fallen", sagte Knuth. Er will damit den Druck verringern, dass Arbeitslose aus Angst vor Hartz IV unterbezahlte Jobs im Niedriglohnsektor annehmen. "Wir können uns durchaus eine gute Arbeitslosenversicherung leisten, der Beitragssatz liegt so niedrig wie seit Jahren nicht" - bei 3 Prozent.

Aus dem Bundesarbeitsministerium gab es für Lindner gestern keine Unterstützung: "Eine solche Veränderung ist von der Bundesregierung nicht geplant", sagte eine Sprecherin.

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