Folgen der Überschwemmungen: Trinkwasser hat Priorität
Die Fluten haben auch Schadstoffe wie Öl und Benzin in die Gewässer gespült. Langfristige Umweltschäden sind aber noch nicht absehbar.
BERLIN taz | Nach dem ersten Aufatmen kommt das Naserümpfen. In Nordrhein-Westfalen sind die Wasserstände nach den verheerenden Überschwemmungen wieder gesunken, die Nebenflüsse in ihre Betten zurückgekehrt. Nun sind die Schäden nicht nur zu sehen, sondern auch zu riechen. Böden und Gewässer sind verdreckt. Mancherorts kommt aus den Wasserhähnen nur noch trübes Wasser. Verbraucher:innen sind verunsichert.
Denn die Flut hat Heizöltanks aufgerissen, Rohre und Autotanks zerstört, Chemikalien aus Gewerbegebieten mitgenommen und mit dem Plastikmüll in die großen Flüsse geschwemmt.
„Unser dringendstes Problem ist es, eine sichere Trinkwasserversorgung zu gewährleisten“, sagt Birgit Kaiser de Garcia. Sie ist Sprecherin des Landesamts für Umwelt und Verbraucherschutz in NRW (LANUV). Ihre Behörde misst die Belastung der Gewässer mit Schadstoffen. Wenn Grenzwerte überschritten werden, greift ein Warn- und Alarmplan, der die Wasserversorger sofort informiert.
Zu ihnen gehören die Wasserwerke Westfalen. Sie haben eines ihrer sechs Werke abgeschaltet, weil dort nur mit UV-Strahlung gereinigt wird und das in der aktuellen Situation nicht genügt. Andere Versorger springen dafür ein. Ähnliche Umstellungen gibt es etwa dort, wo Trink- und Brauchwasser aus Brunnen in Ufernähe gewonnen wird und die Vorfiltrierung momentan nicht ausreicht.
Niederländer:innen hängen am Rhein
In den am schlimmsten betroffenen Gebieten sind Messstellen des LANUV zerstört worden, aber die an Rhein, Ruhr, Wupper und Erft funktionieren, sagt Kaiser de Garcia. Vor allem beim Rhein sei das wichtig, weil er „von hier aus in die Niederlande fließt und dort viel stärker zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, da hängen Hunderttausende Menschen dran“.
Welche Folgen die Fluten für die Natur haben, ist noch nicht abzusehen. Die Naturschutzexpert:innen des LANUV werden erst in den kommenden Wochen prüfen, ob es die renaturierten Abschnitte der Flüsse noch gibt, was aus brütenden Vögeln und anderen Tieren geworden ist.
Dirk Jansen vom BUND NRW glaubt aber, dass „das angesichts der Gesamtproblematik nicht so sehr ins Gewicht fällt. Von Winterhochwassern an Rhein und Ruhr sind wir einiges gewohnt.“ Man müsse sich vielmehr um den Schutz bei künftigem Starkregen kümmern, also etwa um die Abbruchsicherheit von Braunkohle- und Kiesgruben, wo und wie Häuser und Gewerbe überhaupt wiederaufgebaut werden sollten. Und welche Lehren sich für die Landnutzung ziehen ließen, etwa zum Weinanbau an den Hängen oder zu Monokulturen in den Wäldern.
Leser*innenkommentare
Rainer B.
Beim nächsten Starkregen dann wohl schon nur noch „die sauberen Elektroautos“ in den Fluten schwimmen. Für Ahnungslose sicher sehr beruhigend.