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Folgen der US-WahlSpitzel, getrennte Familien, Internierungslager

Insbesondere bei der Migrationspolitik verfolgt Donald Trump in seiner zweiten Regierungszeit ein brutales Programm. Das stößt auf Widerstand.

Der neue Präsident und seine Leute haben einen Plan: Donald Trump während des Wahlkampfes in Michigan im Oktober Foto: Alex Brandon/ap

Donald Trumps Wahlkampf war voll von Versprechen und teils sehr konkreten Ankündigungen. Sein Programm ist als „Agenda 47“ nachzulesen. Die inhaltlichen Kernaussagen sind dieselben wie die in dem von der konservativen Heritage Foundation kuratierten „Project 2025“. Einige Beispiele:

Migration

Trump hat angekündigt, bereits an Tag 1 mit dem größten Deportationsprogramm in der Geschichte der USA zu beginnen. Wer ohne gültige Papiere in den USA ist, soll aufgespürt, in überall im Land zu errichtende Internierungslager gesteckt und von dort aus abgeschoben werden. Es geht um Millionen Menschen, die in den USA leben und arbeiten, in der Regel Steuern und So­zial­ab­gaben zahlen und in den USA geborene Kinder mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft haben. Familientrennungen, Knebelverträge mit den Herkunftsländern zur Rücknahme der Menschen und ein Spitzelsystem in allen Bereichen des öffentlichen Lebens wären die Voraus­setzung, um das durchzusetzen.

Dazu bräuchte Trump auch die lokalen Polizeibehörden – schon während seiner ersten Amtszeit haben die sich in vielen, zumeist demokratisch regierten Großstädten geweigert, diese Aufgabe zu übernehmen, und erklärten ihre Städte zu Sanctuary Cities, in denen Menschen davor sicher waren, nicht von der Polizei wegen mutmaßlicher Verletzungen des Aufenthaltsrechts kontrolliert zu werden. Trump ließ damals den Städten öffentliche Zuwendungen des Bundes streichen. Das wurde später von Gerichten untersagt – im neuen Programm steht es allerdings erneut.

wochentaz

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Ökonomen haben ausgerechnet, dass eine solche Deportationsoperation nicht nur selbst viele Milliarden Dollar kosten sondern auch die US-amerikanische Wirtschaft nachhaltig schädigen würde – immerhin würden Millionen Arbeitskräften deportiert werden. Von einer möglichen Schrumpfung der Wirtschaft um bis zu 8 Prozent ist die Rede.

Angesichts dessen ist es unwahrscheinlich, dass die Idee in dieser Form tatsächlich umsetzbar ist – dass Trump aber zumindest Zeichen in dieser Richtung setzen wird, die migrantische Communitys in Angst und Schrecken versetzen werden, scheint unvermeidbar.

Straffreiheit

Und zwar für die Aufständischen vom 6. Januar 2021. Trump hat diejenigen, die wegen ihrer Beteiligung am Sturm aufs Kapitol vor Gericht stehen oder bereits verurteilt wurden, stets als „Pa­trio­ten“ bezeichnet. Es ist davon auszugehen, dass er sie samt und sonders begnadigen wird. Einige seiner eigenen Anwälte und Berater, die wegen des Versuchs, die Wahlergebnisse von 2020 in einigen Bundesstaaten betrügerisch zu seinen Gunsten zu verändern, bestraft wurden, gehören zu jenen, die vermutlich in seiner Regierung Posten bekleiden dürften.

Zölle und Steuern

Trump hat angekündigt, generelle Einfuhrzölle auf alle Importe von 10 bis 20 Prozent, auf Waren aus China sogar von 60 Prozent zu erheben, um die einheimische Produktion anzukurbeln. In diesem Fall erscheint ein Handelskrieg mit dem Rest der Welt inklusive der verbündeten europäischen Länder unvermeidbar.

Dass eine solche Maßnahme zunächst einmal die Verbraucherpreise in den USA ansteigen lassen würde, widerspricht diametral dem Wunsch nahezu aller Wählergruppen nach sinkenden Lebenshaltungskosten. Die will Trump einerseits durch eine deutliche Ausweitung der inländischen Erdölförderung erreichen – die auch unter Biden neue Höchststände erreicht hatte – und durch weitere noch nicht näher spezifizierte Steuersenkungen, die er durch die Zolleinnahmen finanzieren will. Zudem sollen die Ende 2025 auslaufenden Steuersenkungen aus seiner ersten Amtszeit, die vor allem die Gutverdienenden begünstigt hatten, verstetigt werden.

Klimaschutz

Trump hält den menschengemachten Klimawandel für ein Märchen und will sämtliche Energie­wen­de­pro­gram­me einstellen. Zudem sollen alle Regulierungen der Biden-Zeit fallen und die zuständigen Behörden geschleift oder aufgelöst werden.

Kulturkampf

Immer wieder hat Donald Trump im Wahlkampf erzählt, es sei doch unglaublich, dass man seine Kinder morgens als Jungen in die Schule ­schicke, und mittags kämen sie geschlechtsumgewandelt als Mädchen nach Hause. Das hat er vermutlich selbst nicht wirklich geglaubt, aber sicher scheint, dass es landesweit nach dem Vorbild ­Floridas den Versuch geben wird, jegliche fortschrittliche Sexualerziehung genauso aus den Schulen zu verbannen wie Lehrmaterialien über Rassismus und Feminismus.

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9 Kommentare

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  • Wie krank und kaputt muss eine Gesellschaft sein, die kein Problem damit hat, wenn jemand zum Präsidenten gewählt wird, der es zulässt das kleine Kinder von Ihren Familien getrennt werden, und in Hundezwinger als Abschreckung Interniert werden, diese Bilder scheinen viele Wähler in den USA ziemlich egal gewesen sein als sie Trump gewählt haben, mehr menschenverachtend und unmenschlicher geht es wohl kaum!

  • Zum Punkt Straffreiheit:

    Zuweilen erschien mir die US-amerikanische Justiz genauso personell und finanziell ausgeblutet wie die hiesige. Schließlich hat sie es in vier Jahren nicht geschafft, ein einziges der zahlreichen Strafverfahren gegen Trump zum ordentlichen Abschluß zu bringen. Es gab zwar einen Schuldspruch, aber das Gericht brütet seit Monaten über dem Strafmaß. Und alles andere, darunter gefühlt "Hochverrat", kam noch nicht mal zu Anklage. Hundert Prozent Strafnachlaß wegen "überlanger Verfahrensdauer". Bei einem Delinquenten, von dem von ersten Tage an bekannt war, er werde sich der Strafverfolgung durch das Amt entziehen wollen.

    Kannste Dir nicht ausdenken. Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ...

    • @dtx:

      Donald Trump wurde bis November 2024 mindestens zweimal verurteilt – einmal in einem zivilrechtlichen Verfahren durch die New Yorker Generalstaatsanwältin und einmal durch eine Verleumdungsklage von E. Jean Carroll.

    • @dtx:

      Haben Sie den Artikel über die zukünftige Stabschefin Wiles gelesen? Die hat offenbar auch die Aufgabe innegehabt, diese Strafverfahren von ihm fernzuhalten. Und sie scheint außerordentlich, nunja, talentiert zu sein.



      Mir graut vor der Frau. Und vielleicht würde mehr Scheinwerferlicht auf ihre diesbezügliche Arbeit das unerklärliche Zögern der Justiz doch ein bisschen erklären. Wer weiß.

  • Einen Präsident Trump hätte es nie gegeben, wenn die vorherigen Regierungen ihren Job gemacht hätten und bei den Durchschnittsamerikanern auch etwas vom Wirtschaftswachstum angekommen wäre. Auch hierzulande ist die Stärke der AfD eigentlich die Schwäche aller anderen. Kosten für die Energiewende, die der private Haushalt zahlen muss, eine völlig verkorkste Energiepolitik nach dem Beginn des Ukraine - Kriegs, komplett falsche Schwerpunkte wie Gendern und Heizungsgesetz etc. führen ja auch hier nicht gerade zu stabilen Verhältnissen.

    Wir müssen das Beste aus Trump machen und hoffen, dass er in den 4 Jahren, die er hat, die Demokratie nicht abschaftt.

    • @Jens Barth:

      Den neoliberalen Schwachsinn vom trickle down hören wir seit Jahrzehnten, bei nachhaltigen Politikänderungen sind INSM, "Familienunternehmer" und die Union davor.



      Alle wichtigen und nötigen Reformen wurden seit Kohl aufgeschoben. Die Notmaßnahme Hartz 4 wurde ohne Not als Drohkulisse erhalten, für die oberen paar Prozent ging es trotz aller Krisen aufwärts, für alle anderen, auch wenn die Wirtschaft gut lief, bergab.



      Die Schwäche hat scheinbar System und eine Umsetzung des AgD Programms würde uns komplett um Jahrhunderte zurückwerfen.

    • @Jens Barth:

      Demokratie ist eben auch, wenn die Mitmenschen Unmenschlichkeit verlangen, diese dann gewählt wird und offensichtlich wird.

      Ist es bei der AfD nicht noch wichtiger, als das Versagen der Anderen, dass diese mit verdrehten Aussagen und Argumentationsketten die Menschen verblödet, um sie dann aus der Verblödung mit ebenso blöden (End)Lösungen zu retten?

      Das Wesentliche ist doch, dass die Menschen wegen der medialen Schlachten der CDU/FDP überhaupt nicht mitbekommen, was die EU oder die Regierung für sie tut. Gerade die Menschen für die man viel tut, interessieren sich nicht für so ein "linksgrünes Zeugs"

    • @Jens Barth:

      Die Energiepolitik ist nicht erst seit, sondern bereits lange vor dem Ukraine-Krieg "verkorkst" gewesen. Auch, wenn man berücksichtigt, daß der Krieg im Grunde bereits 2014 begann und im Februar 2022 "lediglich" massiv forciert wurde. Und die Pläne Trumps, soweit man sie jetzt schon mitbekommt, scheinen darauf hinauszulaufen, den Krieg im derzeitigen Stand zu verewigen.

      Man sorgt sich ums Klima, um Extremwetterereignisse wie im Ahrtal, beharrt aber darauf, die Atmosphäre weiter mit CO² anzureichern. Und zu diesem Zweck einem Aggressor Geld in die Hand zu geben, auf daß er den Krieg noch recht lange fortsetzen möge.

      Sorry, Putin müßte man doch zumindest dafür dankbar sein, diesen Anachronismus endlich beendet und die Belieferung eingestellt zu haben. Und da ihm die Enteignung der hier in seinem Staatsbesitz befindlichen Infrastruktur unvermeidlich schien, wurde in den Lagerstätten auch kaum etwas hinterlassen.



      In der Ukraine macht er das anders, da zerbombt er die Energieinfrastruktur, damit im Winter die Heizungen ausfallen. Habeck und die Grünen werden derweil dafür gescholten, daß man in Deutschland nicht frieren mußte. Entbehrt auch nicht einer gewissen Logik.

  • Offensichtlich sind Menschen in der Masse nicht in der Lage auf eine sich verändernde Welt zu reagieren und sich anzupassen. Lieber wählen sie rechte Evolutionsbremsen und beschleunigen den eigenen Niedergang.