Folgen der Pandemie: Unsichtbar im Homeoffice
Der erste umfassende Berliner Lagebericht zu den Folgen der Pandemie für Frauen zeigt: Die Folgen bleiben, die Politik muss gegensteuern.
Die Pandemie ist in vielerlei Hinsicht nicht zu Ende. Unabhängig von dem, was im Herbst kommen kann, bleiben hohe Ausgaben, die eingespart werden müssen – in großen Staatshaushalten, kleinen Portemonnaies und der Work-Life-Balance. Dass Frauen in dieser Hinsicht zu den besonders betroffenen Gruppen gehören, zeigt eine aktuelle Studie des Wissenschaftszentrums Berlins. Am Montagabend wurde sie in einer gemeinsamen Veranstaltung des Landesfrauenrats und der Friedrich-Ebert-Stiftung vorgestellt und diskutiert.
Mit Daten aus Statistiken, einer Onlinebefragung und Exper*innengesprächen handelt es sich dabei um die erste umfassende Bestandsaufnahme für die Folgen der Covid-19-Pandemie auf das Leben von Berliner Frauen. Studienautorin Sabine Hübgen: „Wenn man sich wie ich schon lange im Feld der Ungleichheit bewegt, sind die Ergebnisse zwar nicht überraschend, aber in ihrer Gesamtschau doch drastisch.“ Die Studie umfasst die Zeit bis 2021, neuere Daten werden frühestens Ende des Jahres erwartet.
Zu wenig Geld, zu viel Arbeit
Hübgen hob zunächst hervor, dass erwerbstätige Frauen auf zwei Wegen besonders betroffen waren: Zum einen verkürzten vor allem Mütter ihre Arbeitszeit, um während des Lockdowns die Kinderbetreuung zu stemmen. Diese Entwicklung sei zum Glück bereits nach dem Frühjahr/Sommer 2020 rückläufig, mahne die Politik aber künftig zu mehr Umsicht bei Kita- und Schulschließungen an.
Frauen waren ähnlich oft von Kurzarbeit betroffen wie Männer, allerdings habe diese angesichts der ohnehin bestehenden Gehaltsunterschiede stärkere Auswirkungen. Frauen sind außerdem öfter in geringfügigen Beschäftigungen oder als Soloselbstständige tätig – für sie gab es in der Pandemiezeit kein Arbeitslosengeld II oder Kurzarbeiter*innengeld. Sie bekamen auch seltener Überbrückungshilfen.
Auf der anderen Seite hat die Pandemie zu einer Ausweitung der Arbeitszeit bei vielen Frauen geführt, da diese überdurchschnittlich oft in systemrelevanten Berufen wie Pflege, Erziehung und Einzelhandel arbeiten. Die physische und psychische Belastung wurde von den befragten Frauen besonders in den ersten Monaten der Pandemie als sehr hoch eingeschätzt. Zum Ende der Befragung lag sie aber immer noch deutlich über dem Niveau zu Beginn der Pandemie.
Ambivalentes Homeoffice
Im Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden besonders Frauen auch in Zukunft das Homeoffice nutzen, wo sie können, schließt Hübgen außerdem aus den Daten. Eine ambivalente Entwicklung: „Da ist die Angst, dass Frauen im Homeoffice unsichtbar werden und die Büros wieder männerlastiger werden“, so Hübgen. Zugleich bietet die Digitalisierung auch Chancen: In der Diskussion betont etwa Karin Reichel vom FrauenComputerZentrum Berlin, dass gerade Frauen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen mehr Teilhabe ermöglicht wird.
Die diskutierenden Frauen aus dem Landesfrauenrat und anderen Organisationen sehen im aktuellen Landeshaushalt eine Verschiebung der Mittel hin zu mehr Gewaltschutz. „Das ist absolut wichtig, aber es darf nicht zu Lasten der Projekte für mehr Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt gehen“, fordert etwa Reichel. Mitte Juni will der Landesfrauenrat in einer weiteren Veranstaltung die Gleichstellungssenatorin Ulrike Gote (Grüne) mit diesen Notwendigkeiten konfrontieren.
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