Förderung für Dokumentarfilme: Ergänzung zum System
Filmemacher*innen beklagen im Aufruf „Docs for Democracy“ eklatante Defizite bei der Förderung. Eine Stiftung, die direkt Geld gibt, soll helfen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird reformiert. Er soll öffentlich-rechtlicher werden. Höchste zeit wird’s. Was das allerdings genau meint und wie es bewerkstelligt werden soll, bleibt in der aktuellen Diskussion so wattig wie vage. Die Politik darf schließlich nur ein hehres Wunschkonzert übergeordneter Begrifflichkeiten anstimmen und muss sich aus gutem Grund von allem Inhaltlich-Konkreten fernhalten. Die Sender selbst sind noch dabei sich zu sortieren. Womit sie nun auch schon mehr als ein halbes Jahrzehnt beschäftigt sind. Also muss mal wieder der Dokfilm ran. Ein Teil seiner Macher*innen hat jetzt den Aufruf „Docs for Democracy“ (DfD) gestartet.
Die Idee ist so simpel wie bestechend und eigentlich uralt. Dokumentarische Inhalte sind ein – wenn nicht das – Herzstück aller öffentlich-rechtlichen Angebote. Also sollen sie auskömmlich und gerne auch ein bisschen besser als bisher finanziert werden. Gleichzeitig soll den eingefahrenen Spielregeln und Spielchen des real existierenden öffentlich-rechtlichen Beauftragungsgeschäfts der Anstalten ein zusätzliches Alternativmodell an die Seite gestellt werden. „Mit öffentlichen Mitteln geförderte Medien werden zu gemeinwohlorientierten öffentlichen Gütern“, nimmt „Docs for Democracy“ ein Argument von ARD, ZDF & Co. auf, mit denen diese seit ein paar Jahren die Politik becircen.
Docs for Democracy (DfD) entstand als Arbeitsgruppe der AG Dok, in der die meisten deutschen Dokfilmer*innen organisiert sind. „Wir dürfen keine Angst vor neuen Modellen haben“, sagt DfD-Mitinitiator Thorolf Lipp. „Dazu gehört auch, alte Zöpfe abzuscheiden, um einen Public Value zu erreichen, von dem auch die Macher*innen etwas haben.“
Konkret ist eine Stiftung geplant, die direkt Geld für dokumentarische Produktionen gibt. Dabei entscheiden nicht Sender und Redaktionen, sondern unabhängige Jurys, was gefördert wird. Anders als bei der heute Film- und TV-Förderung soll es nicht um eine anteilige Finanzierung gehen, die Projekte sollen voll bezahlt werden – mit anständigen Konditionen für die Macher*innen.
Das Geld sei schon da
Im Umkehrschluss ist eine möglichst freie Lizenzierung „für ein langfristig verlässliches kulturelles Gedächtnis“ geplant, wie es in dem Aufruf weiter heißt. Das Geld ist – zumindest in der Sicht von DfD – auch schon da. Zwei Prozent vom Rundfunkbeitrag sollen in solche DfD-Projekte fließen, aktuell wären das rund 160 Millionen Euro pro Jahr. Auf diese Weise werden heute schon die für die Aufsicht über den privaten Rundfunk zuständigen Landesmedienanstalten finanziert, die sich schon länger über zwei Beitragsprozente freuen können.
Die DfD will dabei nicht die Branche auf den Kopf stellen. Die klassische Produktion und Auftragsvergabe der Sender soll weiter bestehen bleiben. DfD versteht sich ausdrücklich als – allerdings dringend notwendige Ergänzung – zum bestehenden System, bei dem allerdings eklatante Defizite ausgemacht werden.
Laut DfD ist das dokumentarische Genre „eklatant unterfinanziert und im Programm unterrepräsentiert“. Zudem ließen „eindimensionale Doku-Formate“ zu wenig Raum für die komplexe Realität von heute. „Erratische Entscheidungswege in den Redaktionen“ verhinderten mehr Mut und Experiment bei den Macher*innen und vor allem die „Quotenfixierung ist und bleibt ein Problem“.
Daher sollen mit der Direktförderung nach dem DfD-Konzept vor allem solche dokumentarischen Beiträge ermöglicht werden, „die es im derzeitigen Medienangebot kaum gibt, obwohl sie als Bestandteil der demokratischen Daseinsvorsorge unerlässlich sind“. Hier wird’s dann doch auch ein wenig schwammig. Immerhin: Eher nicht für die Förderung vorgesehen sind aktuelle Beiträge wie Nachrichten, Magazinsendungen oder rein unterhaltende „Doku“-Formate wie Zoo-Dokus, Reisefilme, Abenteuer-Reportagen oder „formal standardisierte Human Interest-Themen“.
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