Flugzeugabsturz in Frankreich: Germanwings droht Krise
Flugzeugunglücke haben enorme wirtschaftliche Folgen für Airlines. Nach Abstürzen brechen die Zahlen häufig ein. Das droht nun auch Germanwings.
BERLIN taz | Die Fluglinie Germanwings hat nach dem Absturz ihres Airbusses in den französischen Alpen mit 150 Menschen an Bord die Werbung weltweit massiv heruntergefahren. „Das hat für uns etwas mit Pietät gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen zu tun“, sagte ein Germanwings-Sprecher. Die Fluglinie bietet KundInnen derzeit das kostenlose Stornieren und Umbuchen von Flügen an. Noch lägen keine Zahlen vor, wie viele davon Gebrauch gemacht hätten, sagte der Sprecher.
Flugzeugabstürze sind für Airlines eine enorme wirtschaftliche Belastung – unabhängig von der Ursache des Crashs. Der materielle Schaden liegt zwar im dreistelligen Millionenbereich, ist aber größtenteils versichert und von daher für den Germanwings-Eigner Lufthansa verkraftbar. Schlimmer ist der Imageschaden. Nach Abstürzen meiden erfahrungsgemäß viele PassagierInnen Unglückslinien, und zwar unabhängig von der Ursache. Auch ohne Katastrophen ist der Wettbewerb um Kunden in der Branche sehr hart.
Zu den erwarteten wirtschaftlichen Folgen des Absturzes für Germanwings wollte sich der Sprecher nicht äußern. „Für uns stehen die Anliegen der Kunden und Angehörigen der Opfer im Fokus“, sagte er.
Der Imageschaden wäre begrenzt, wenn die Lufthansa die Marke Germanwings vom Markt nehmen würde. Beobachter rechnen damit, dass Germanwings in der neuen Billiglinie Eurowings aufgehen wird, die im Herbst startet. Das sei aber nicht der Fall, sagte der Sprecher. Die beiden Marken würden zumindest zunächst nebeneinander bestehen. „Es ist noch nicht entschieden, dass die Marke Germanwings aufgegeben wird“, gab der Germanwings-Sprecher an.
Selbst wenn eine Airline für einen Absturz nicht verantwortlich gemacht werden kann, ist er für sie trotzdem wirtschaftlich bedrohlich. Das zeigt das Beispiel der Pan American World Airways (PanAm), der einst größten Fluglinie der Welt. 1988 war über dem schottischen Lockerbie eine PanAm-Maschine explodiert, Terroristen hatten Bomben in dem Flieger platziert. PanAm war bereits in Schwierigkeiten und verkraftete den Rückgang der Passagierzahlen nach dem Anschlag nicht. 1991 übernahm Konkurrent Delta den Konzern.
A320 ist eine der meistverkauften Flugzeugklassen
Ungewiss ist, ob Malaysia Airlines die Katastrophen übersteht, die 2014 über gleich zwei ihrer Flugzeuge hereinbrachen. Im März 2014 war zuerst eine Maschine auf dem Flug von Kuala Lumpur nach Peking mit 239 Menschen verschwunden. Bis heute gibt es keine Spur von dem Flugzeug und den Passagieren. Wenige Monate später wurde der Flug MH 17 mit 298 Menschen an Bord unter bis heute nicht geklärten Umständen über der Ukraine abgeschossen. Danach ging die Zahl der Buchungen um ein Drittel zurück, der Aktienkurs von Malaysia Airlines stürzte ab. Schließlich übernahm der malaysische Staatsfonds Khazanah, der auch schon vorher Hauptaktionär war, die Fluglinie als Alleineigentümer. Eine seiner ersten Maßnahmen: Er senkte die Zahl der Mitarbeiter um 6.000 auf 14.000.
Malaysia Airlines befand sich schon vor den Unglücken in ökonomischen Turbulenzen. Ähnlich wie die Lufthansa hat das Unternehmen keine Strategie gefunden, sich zwischen Luxuslinien wie Singapure Airlines oder Emirates und Billigfliegern wie Air Asia zu positionieren.
Welche Auswirkungen der Absturz der Germanwings-Maschine für den Flugzeugbauer Airbus hat, wird von der festgestellten Ursache des Unglücks abhängen. Sollten es technische Mängel sein, wird das Airbus im Wettbewerb mit Konkurrent Boing zurückwerfen. Die A320 ist eine der meistverkauften Flugzeugklassen. Nicht nur die Germannwings-Maschine, auch das 2014 vor Indonesien verunglückte Flugzeug des Billigflieger Air Asia gehörte dazu.
Belasten werden die Abstürze auch den Versicherungskonzern Allianz. Er hatte sowohl die Germanwings- und die Air-Asia-Maschine als auch die beiden Flugzeuge der Malaysia Airline versichert.
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