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Flugverkehr und KlimaschutzEin Vorschlag stürzt ab

Viele Politiker schlagen derzeit vor, das Fliegen zu verteuern. Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger würde Airlines gerne verstaatlichen.

Wenn es nach der Linken geht, könnte es bald heißen: Staat fliegt mit Foto: dpa

Berlin dpa | Im Kampf gegen die Klimakrise fordert Linken-Chef Bernd Riexinger, alle Fluggesellschaften zu verstaatlichen – und erntet dafür viel Kritik. „Was so dramatische gesellschaftliche Folgen haben kann, darf nicht marktwirtschaftlich und unreguliert bleiben“, sagte Riexinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Fluggesellschaften gehören in staatliche Hand – genauso wie die Energieversorgung oder die Bahn.“ Vertreter mehrerer Parteien widersprachen, darunter auch die SPD.

Dass klimaschädliche Flugreisen unverantwortlich billig geworden seien, hänge auch damit zusammen, dass man den Flugverkehr privatisiert habe, argumentierte Riexinger. „Fliegen war ja mal besser reguliert und überwiegend in öffentlicher Hand. Man hat einen wilden Konkurrenzkampf auf dem Flugmarkt zugelassen – zum Nachteil der Beschäftigten und zu Lasten des Klimas.“

Widerspruch kam unter anderem vom stellvertretenden SPD-Fraktionschef Karl Lauterbach, der sich auch um den Parteivorsitz bewirbt. Klimaschutz im Verkehr müsse erreicht werden, indem Bahn und öffentlicher Nahverkehr besser und billiger würden, „nicht indem man Fliegen verstaatlicht“, schrieb er auf Twitter. „Wir brauchen grüne Marktwirtschaft, keinen grünen Staatskapitalismus.“ Der Staat sollte investieren, nicht wirtschaften.

Derzeit geht es in der Klimaschutz-Debatte auch darum, ob Fliegen teurer werden sollte. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zum Beispiel will die Luftverkehrsabgabe in Deutschland erhöhen. Unions-Fraktionsvize Andreas Jung ist ebenfalls für höhere Abgaben des Flugverkehrs, um damit den Ausbau klimafreundlicher öffentlicher Verkehrsmittel zu fördern. Auch die CSU plant eine höhere CO2-Abgabe für Inlandsflüge.

Kerosinsteuer auf innerdeutsche Flüge?

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) widersprach seinem Parteifreund Riexinger nicht, bewarb auf Twitter aber einen anderen Vorschlag: „Ich plädiere für eine konsequente Besteuerung von Flugbenzin und Steuerfreiheit für alle Schienenverkehre“, schrieb er. Für eine Kerosinsteuer auf innerdeutsche Flüge spricht sich auch Grünen-Chef Robert Habeck aus.

Ein Flug von Deutschland auf die Malediven und zurück verursacht nach Berechnungen des Umweltbundesamts pro Person eine Klimawirkung von gut fünf Tonnen Kohlendioxid. Damit könne man mit einem Mittelklassewagen mehr als 30.000 Kilometer fahren. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger rief zu klimafreundlichem Urlaub auf: „Wir müssen Gewohnheiten überdenken und vielleicht ändern, wenn es bessere Alternativen gibt“, sagte er.

Kritik an Riexinger kam auch aus CSU, FDP und AfD. CSU-Generalsekretär Markus Blume nannte die Pläne „gruselig“, die „DDR 2.0“ scheine durch. „Die SED lässt grüßen“, schrieb AfD-Vize Georg Pazderski auf Twitter. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Bundestag, Marco Buschmann, warf Riexinger vor, er missbrauche „die ökologische Sensibilität der Menschen für neosozialistische Gedankenspiele“.

Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimarats IPCC um etwa ein Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erwärmt, Deutschland sogar noch etwas mehr. Geht es weiter wie bisher, ist Ende dieses Jahrhunderts die Welt wohl um die drei Grad wärmer. Das Risiko für Dürren, Stürme und andere Wetterextreme wächst, steigende Meeresspiegel bedrohen bereits Inseln und Küsten. Um den Trend zu stoppen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl oder auch der Tierhaltung stark reduziert werden.

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17 Kommentare

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  • Da für Flugstrecken ausser den Flughäfen eeiter keine Baumassnahmen notwendig sind und der Flugverkehr keine Streckenwartung benötigt, wird Fliegen auf lange Sicht eine sehr kostengünstige Art des Reisen sein. Um die dadurch entstehenden Schäden zu begrenzen müssen wir das Allgemeingut Luftraum (Klima, ruhige Lebensräume etc.) gegen den Raubbau schützen. Auf welche Weise auch immer. Da auch verstaatlichte Betriebe meistens erheblich von Korruption betroffen sind, halte ich gesetzliche Regelungen für wirksamer und auch kostengünstiger.

  • Bitte nicht verstaatlichen! Air Berlin und Germania waren teuer genug für den Steuerzahler. Egal ob durch Peak Oil oder Klimasteuern/-zertifikate, Flugunternehmungen haben ebenso wie Regionalflughäfen keine erkennbare Zukunft vor sich.

  • Hat er sich den mal die Fluggesellschaften in D angesehen Lufthansa und dann kommt lange nichts irgentwann TUI und co als reine Urlaubsflieger. Sollen die Stattsairlines Emirates Qatar Etihad... dann als Vorbild dienen ?

  • Was macht ihr eigentlich da oben? Ich erwarte von jedem Spitzenpolitiker meiner Lieblingspartei jetzt ein bisschen mehr als die alten Stanzen. Welche Maßnahmen werden nach der Verstaatlichung noch ergriffen (siehe auch @LIMITS2GROWTH) um die Vielfliegerei zu beenden.

  • Alte Zöpfe abschneiden. Alte sinnlose Subventionen beenden. Wie eben der Erlass der Kerosinsteuer für Flügzeuge und die reduzierte Steuer auf Diesel. Dafür Förderung der Bahn und des innerstädtischen Nahverkehrs. Aber das heißt nicht das wäre mit Zulassung der E-Scooter erledigt!

  • Der Luftverkehr ist also "unreguliert"?? Das ist natürlich barer Unsinn. Ein umfassendes Normengefüge regelt den Luftverkehr, angefangen von der Gründung einer Fluggesellschaft über den Betrieb eines Flughafens oder Flugzeugs bis hin zur Berechtigung, ein solches sowohl generell als auch im Einzelfall zu führen.

    Was der Herr wohl meint ist, dass staatlicherseits noch nicht reglementiert ist, wer fliegen darf und zu welchem Preis. Das möchte er sich gerne vorbehalten. Good morning, Pjöngjang.

    Btw: Chinesische oder arabische Fluggesellschaften sind in der Regel staatlich. Den Emissionen ihrer Flugzeuge ist das egal.

    Und überhaupt: was macht er denn mit ausländischen Fluggesellschaften, die hier Verkehrsrechte haben und die er ja nicht verstaatlichen kann?

    Denen nimmt man die Rechte eben weg oder belegt sie mit hohen Sonderabgaben. Good morning, Donald!

  • Und an Herr Habeck: wieso nur auf innerdeutsche Flüge Steuer? Sind die Mallorca- Ägypten- Türkei-Flüge, die billigen Städtereisen in Europa kein Problem mehr?

  • Gute Idee, Herr Riexinger!



    Argumente scheint es nicht zu geben gegen Ihren Vorschlag als: Lieber weiter so - Markt vor Umwelt, Profit vor Gewissen - als irgendetwas wirklich wirksames plan(wirtschaftlich sinn)volles zu verändern. Ich unterstütze Ihren Vorschlag.

    • 8G
      83492 (Profil gelöscht)
      @Reimar Menne:

      "Argumente scheint es nicht zu geben gegen Ihren Vorschlag als: Lieber weiter so - Markt vor Umwelt, Profit vor Gewissen - als irgendetwas wirklich wirksames plan(wirtschaftlich sinn)volles zu verändern."

      Natürlich gibt es noch andere Argumente: z.B. dass es noch andere Fluglinien gibt, die von Deutschland aus starten und landen. Sollen die auch verstaatlicht werden? Oder sollen denen Start- und Überflugrechte entzogen werden?

      Der Ramelow-Vorschlag scheint mir da viel sinnvoller.

      • @83492 (Profil gelöscht):

        " Oder sollen denen Start- und Überflugrechte entzogen werden?"



        Warum nicht? ;) Alternativ: hohe Start- und Landegebühren.

        • @Uranus:

          *"alternativ" kann mensch auch streichen.

  • Von einem Politiker der Die Linke hätte ich mir mehr Weitsicht gewünscht; da wird mir ja glatt Die Partei zur einzigen letzten Wahl...

    • @Vidocq:

      Die Partei ist eine gute Wahl, denn sie hat immer recht.

      • @Hampelstielz:

        ... und: sie ist sehr gut!

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Nachricht oder Kommentar?

    Für eine Nachricht ist zu viel Meinung(smache) drin, aber für einen Kommentar sind es zu wenig begründete Ansichten.

  • Ein Staat, dem Fluggesellschaften gehören, hat kein Interesse daran, den Flugverkehr zu reduzieren. So erreicht man keinen Klimaschutz.

    Mit Steuergeldern Fluggesellschaften zu privatisieren, würde bedeuten, die Verluste durch Einschränkungen des Flugverkehrs zu vergesellschaften. Die kapitalistischen Eigentümer der Fluggesellschaften werden sich ins Fäustchen lachen.

  • Innerdeutsche Flüge machen 0,3% des gesamten deutschen CO2 Ausstoßes aus. Insofern nur eine recht populistische Nummer, ausgerechnet darauf so herum zu reiten. Klar, innerstädtischen Autoverkehr aufs allernötigste beschränken würde zwar sofort viel mehr bringen, kommt halt nicht so gut an.



    Wie wär's mit Kreuzfahrten verbieten? Die machen richtig viel Dreck und blöder Touri Scheiß isses auch - Result!