Flüchtlingsunterkunft in Niedersachsen: IS-Video zur Abschreckung

Flüchtlinge haben schwere Vorwürfe gegen den Leiter eines Heims erhoben. Der sei aggressiv, achte keine Privatsphäre und erhebe Geldstrafen.

Ein Mädchen spielt mit einer Figur

Benutzen von Spielzeug in den Fluren? 20 Euro Strafe (Symbolbild) Foto: dpa

Hamburg taz | Im Landkreis Gifhorn in Niedersachsen erheben die BewohnerInnen einer Flüchtlingsunterkunft schwere Vorwürfe gegen das Betreiberunternehmen Protector Security. Seit Anfang Juli betreibt die private Sicherheitsfirma im 3.000-Seelen-Ort Brome die Unterkunft mit 75 Plätzen. Dort herrscht, wie der NDR am Sonntag berichtete, ein Klima der Angst – die BewohnerInnen fürchten den Leiter der Unterkunft und Inhaber der Firma, Frank E.

Er achte keine Privatsphäre und betrachte die Geflüchteten als Insekten, die er gerne zertreten würde, sagte ein Bewohner gegenüber dem NDR. Zudem verhänge die Firma Sanktionen gegen die BewohnerInnen: Eine Liste von Geldstrafen von bis zu 300 Euro hänge im Eingang.

Bestraft werde unter anderem das Trocknen von Kleidung außerhalb des Trockenraumes, das Essen außerhalb der Gemeinschaftsräume oder das Benutzen von Spielzeug in den Fluren. Eine Bewohnerin sagte, ihre Kinder hätten aus Angst seit vier Tagen das Zimmer nicht verlassen.

Frank E. räumte gegenüber dem NDR ein, sein Ton sei „manchmal etwas rau“. Das liege daran, dass er täglich mit den gleichen Fragen gelöchert werde. Als „mal wieder Thema war, zu Hause sei alles besser, da wollte ich mal veranschaulichen, was so zu Hause los ist“, gab er zu – und zeigte den Geflüchteten ein brutales Propagandavideo des IS, in dem ein Junge geköpft wird.

Die Verantwortlichen beim Landkreis Gifhorn waren, nach den Recherchen des NDR, zumindest teilweise über die Zustände informiert. Die Kreisrätin Evelin Wißmann bestätigte gegenüber dem Sender, dass die BewohnerInnen der Unterkunft sich bereits im Juli an sie gewandt hatten. Daraufhin hätte ein Gespräch zwischen E. und einem Vertreter der Ausländerbehörde stattgefunden. Nach Angaben der BewohnerInnen habe sich die Situation danach jedoch nicht verbessert, sondern verschlimmert.

Auch von den Sanktionen soll der Landkreis gewusst haben. Am 20. Juli habe ein Mitarbeiter des Landkreises an Protector Securitygeschrieben: „Gegen die Erhebung von Sanktionsgeldern bestehen – sofern es sich im verträglichen Rahmen bewegt – keine Bedenken. Die Sanktionsgelder bitte direkt von den Asylbewerbern einfordern.“ Das niedersächsische Innenministerium hat sich nun eingeschaltet und den Landkreis gebeten, den Vorwürfen nachzugehen. „Sollten sie sich bewahrheiten, handelt es sich um einen zutiefst beschämenden und verstörenden Sachverhalt“, so eine Sprecherin.

Landrat Andreas Ebel sagte zur taz, man nehme die Vorwürfe sehr ernst und führe jetzt klärende Gespräche vor Ort.

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