Flüchtlingsunterbringung: Der 180.000-Euro-Mann
CDU und FDP kritisieren, dass der Senat das Parlament beim neuen Flüchtlingsmanager außen vor lässt.
Die Entscheidung des rot-rot-grünen Senats, sich auch selbst um die Unterbringung von Flüchtlingenzu kümmern, stößt bei der Opposition auf Kritik. Genauer: Dass der Mann, der dazu einen landeseigenen Betrieb aufbauen soll, ein Jahresgehalt von rund 180.000 Euro bekommen soll, ohne dass das Abgeordnetenhaus dabei mitzureden hat. „Es ist unverantwortlich, wie der Senat den Weg der öffentlichen Ausschreibung umgeht“, meint CDU-Fraktionschef Florian Graf, sein FDP-Kollege Sebastian Czaja spricht von „Gutsherrenart“. Der Senat begründet sein Vorgehen mit Zeitdruck – der Neue soll schon im März anfangen.
Vor einer Woche hatten Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD)angekündigt, sich am Beispiel Hamburgs zu orientieren und auch selbst Flüchtlingsunterkünfte zu betreiben. In Hamburg ist dafür fast durchweg ein Landesbetrieb zuständig, während in Berlin private, kirchliche oder andere karitative Anbieter die Unterkünfte leiten.
Dieses System war für den damals noch rot-schwarzen Senat im Herbst zu einem Problem geworden: Weil eine Ausschreibung fehlerhaft war und wiederholt werden musste, sah es so aus, als ob deshalb mehrere gerade fertig gewordene Containerdörfer über viele Monate nicht von Flüchtlingen bezogen werden könnten. Hätte der Senat da schon eigene Betreuungs- und Leitungsteams gehabt, hätten diese die Heime vorübergehend übernehmen könnten – an sie darf die Landesregierung ohne Ausschreibung Aufträge vergeben. So war es nur über einen Kunstgriff Breitenbachs über das Ordnungsrecht möglich, dass ab Januar doch Flüchtlinge einziehen konnten.
Möglichst schnell, so kündigten die beiden Senatskollegen an, sollte nun aus einem bereits existierenden kleinen Landesunternehmen der landeseigene Flüchtlingsheimbetreiber werden, mit anfangs 30 Mitarbeitern und drei Unterkünften. Und weil man das nötige Know-how in der 3,5-Millionen-Metropole Berlin nicht sah, sollte das Hamburger Vorbild aushelfen. Knapp 30 Leute des dortigen landeseigenben Unternehmens „Fördern und Wohnen“ sollten aushilfsweise nach Berlin kommen – und eben der zufällig dort gerade in Rente gegangene erfahrene Geschäftsführer Rembert Vaerst. Weil das auf ein halbes Jahr, maximal ein ganzes, begrenzt sein soll, geht das ohne Ausschreibung und Parlament.
Anwohnerproteste, die Bauten selbst, die Containerdörfer und dauerhafteres Bauten namens „Muf“ – aber dass auch die Auswahl der Betreiber Probleme machen würde? Experten war schon bewusst, dass genau hier die eigentliche Gefahr lag, dass sich der Einzug von Flüchtlingen verzögern könnte. Denn der dauerhafte Betrieb der Unterkünfte ist europaweit auszuschreiben, unterlegene Bewerber können klagen. Und schnell kann passieren, was im Spätherbst 2016 tatsächlich geschah: Nach Klagen musste das Verfahren neu gestartet werden, und Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) erwartet nicht, dass es vor diesem Herbst abgeschlossen ist. (sta)
Es war vielleicht ein bisschen unglücklich für den weiteren Verlauf, dass Kollatz-Ahnen dabei so verstanden werden konnte, als würde der nunmalige Penisonär als ehrenamtlicher Starthelfer nach Berlin kommen, als „One-Dollar-Man“, wie es in der Wirtschaft heißt. Ein Missverständnis, wie Kollatz-Ahnens Sprecherin Eva Henkel am Mittwoch gegenüber der taz klar stellt: Man kaufe sich hier Kompetenz ein. Einen „Glücksfall“ nennt sie es, dass Vaerst gerade frei war, ohne das angebliche Monatsgehalt von rund 15.000 Euro zu bestätigen.
Dieser Betrag entspricht offenbar dem, was der ab März amtierende Chef vormals in Hamburg verdiente, und liegt damit leicht über dem Salär des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD). Zuviel, meint FDP-Fraktionschef Czaja gegenüber der taz: „Der Betrieb von drei Flüchtlingsheimen scheint doch recht überschaubar.“
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