Flüchtlingspolitik: Abschieber kriegen Ärger
Nachdem die Ausländerbehörde wieder versucht hat, einen Kranken abzuschieben, setzt Bremens Innensenator den verantwortlichen Behördenchef ab.
Es kommt selten vor, dass ein Minister in aller Öffentlichkeit seine eigene Behörde herunterputzt. Doch gestern war es so weit. Als Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) zu Beginn der aktuellen Sitzungswoche der Bürgerschaft den Parlamentariern Rede und Antwort stehen musste, kam das Stadtamt nicht gut weg. "Vor sechs Monaten stand ich hier wegen eines ähnlichen Falls", schimpfte Mäurer. "Und damals habe ich gesagt: Das darf sich nicht wiederholen."
Es wiederholte sich aber. Mal wieder hatte die Bremer Ausländerbehörde, die zum Stadtamt gehört, versucht, an warnenden Ärzten vorbei einen kranken Ausländer abzuschieben. Für Mäurer "diverse gravierende Bearbeitungsfehler" und "Missachtung seiner Anweisungen". Denn erst im Frühjahr hatte er extra eine Verordnung erlassen, derzufolge solche Fälle von seinem Haus höchstpersönlich überprüft werden müssen. Doch die Ausländerbehörde hielt sich nicht dran - und im Parlament musste sich Mäurer dafür vor allem von den Grünen, aber auch von der CDU, einiges anhören.
Es ging um den Fall eines jungen Inders (taz berichtete). Der war im Juni in Abschiebehaft genommen worden - litt aber an einem schweren Herzfehler und musste dringend operiert werden. Nachdem seine Anwältin und ein Kardiologe dies mit viel Aufwand nachweisen konnten, behielt die Ausländerbehörde das Gutachten einfach in der Schublade. Der zuständige Polizeiarzt erfuhr nichts von dem Befund - und erklärte den Inder deswegen für reise-, also für abschiebefähig. Die Ausländerbehörde hielt an der Abschiebung fest, obwohl sie wusste, dass der Kardiologe die Wahrscheinlichkeit bei eins zu fünf ansiedelte, dass der Inder eine Flugreise nicht überleben würde.
Nun zog Mäurer personelle Konsequenzen. Der Leiter des Stadtamtes - ohnehin seit September krankgeschrieben - wurde seiner Aufgaben vorerst entbunden. Viele glauben, dass Mäurer dies ohnehin vorhatte. Die für Ausländerfragen zuständige Senatsrätin aus dem Haus Mäurers übernimmt nun kommissarisch die ganze Behörde.
Gegen Sven W., den Leiter des Teams 5 der Ausländerbehörde - zuständig für "Duldung und Rückführung" - wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weitere Verantwortlichkeiten sollen "geprüft" werden.
"Es ist überfällig, dass es hier Konsequenzen gegeben hat", sagt Britta Ratsch-Menke vom Bremer Flüchtlingsrat. W. habe es immer wieder darauf angelegt "gesundheitliche Abschiebehindernisse zu bagatellisieren", sagt sie. Wenn Ärzte Atteste vorlegten, habe W. die als "nicht ausreichend" zurückgewiesen.
Im Januar war bekannt geworden, dass das "Team 5" systematisch versucht hatte, das Bremer Gesundheitsamt zu umgehen. Nachdem das Amt Abzuschiebende untersucht und diese für schwer krank und nicht reisefähig erklärt hatte, suchte sich das Team 5 einfach andere, externe Ärzte. Diese sicherten schon vorab zu, die "Reisefähigkeit feststellen" zu können. Die einzige dazu dienende "Untersuchung" wurde unmittelbar vor der Abschiebung bei der Bundespolizei am Flughafen angesetzt. Die Ärzte ließ das Team 5 dazu auf Staatskosten aus dem Saarland und Hessen kommen.
"Es ist nicht hinnehmbar, dass ich aus der taz erfahre, dass es da wieder Probleme gibt", sagte Mäurer gestern. Er hoffe, dass sein "Signal im Stadtamt verstanden wird".
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