Flüchtlingspolitik der EU: Und wo bleibt das Geld?
Um Fluchtursachen außerhalb Europas zu bekämpfen, hat die EU mehrere Fonds eingerichtet. Nur das mit der Zahlungsmoral funktioniert noch nicht so recht.
Hahn wird im Laufe des Tage gemeinsam mit EU-Vizekommissionschef Frans Timmermans in die Türkei reisen. Es geht dabei um einen Aktionsplan mit dem EU-Kandidatenland. Die Türkei soll von der EU im laufenden und im kommenden Jahr bis zu eine Milliarde Euro für die Versorgung von Flüchtlingen bekommen. Die Europäer wollen damit auch ein Begrenzung der Einreise von Flüchtlingen erreichen.
Im Gegenzug werden Fortschritte beim Dauerthema Visa-Liberalisierung für türkische Staatsbürger in Aussicht gestellt. Der Aktionsplan ist auch Thema beim EU-Gipfel am Donnerstag. Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte Anfang des Monats Brüssel besucht.
Als Antwort auf die Syrien-Krise hatte die Kommission Ende vergangenen Monats einen Treuhandfonds vorgeschlagen, der mit mindestens einer Milliarde Euro gefüllt werden soll. Die Hälfte, also 500 Millionen Euro, sollen aus dem EU-Budget kommen, die andere Hälfte von den 28 Mitgliedstaaten. Der Sondergipfel vom 23. September hatte beschlossen, Milliardenbeträge in die Hand zu nehmen, um der Flüchtlingskrise zu begegnen.
Tusk stellt Forderungen
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat ein Abkommen mit der Türkei an wirklich rückläufige Flüchtlingszahlen geknüpft. In einem am Dienstag in Brüssel veröffentlichten Einladungsschreiben an die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union schreibt der polnische Politiker: „Zugeständnisse werden nur gerechtfertigt sein, wenn dieses Ziel erreicht ist.“
Ziel seiner Gespräche in Ankara sei es gewesen, die Anzahl der nach Europa einreisenden Flüchtlingen zu verringern, erklärte Tusk. Er schlage vor, die gemeinsame Vorgehensweise zu den Themen Türkei und Syrien beim Abendessen zu erörtern. Die Türkei ist das größte Transitland für Flüchtlinge.
Selbst wenn der Andrang von Flüchtlingen im Winter nachlasse, müsse die EU auf den Frühling und damit auf „größere Wellen“ vorbereitet sein. Alle politischen Führer, mit denen er in der Region gesprochen habe, hätten vor Millionen möglicher neuer Flüchtlinge gewarnt. „Der außergewöhnlich leichte Zugang nach Europa ist einer der Hauptanziehungsfaktoren“, argumentierte Tusk. Der Herbst-Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs ist für diesen Donnerstag geplant.
Wenig Geld für Afrika
Auch in den Fonds zur Bekämpfung von Fluchtursachen in Afrika haben die EU-Staaten nach einem Pressebericht kaum eingezahlt. Die bei einem Sondergipfel zur Flüchtlingsfrage im September in Aussicht gestellten Zahlungen seien „bei weitem nicht geflossen“, berichtete die Welt unter Berufung auf EU-Kreise. Bisher gebe es lediglich Zusagen über 24,3 Millionen Euro. 8,9 Millionen Euro davon stammten von den Nicht-EU-Ländern Norwegen und der Schweiz.
Deutschland habe bisher, ebenso wie Frankreich, Großbritannien und Österreich, für den Treuhandfonds Afrika überhaupt keine Mittel zugesagt, berichtete die Welt weiter. „Bei der Finanzierung des Welthungerprogramms und des Treuhandfonds Syrien ist die Situation ähnlich: Den großen Versprechungen folgen keine Taten. Aber die Zeit drängt“, hieß es dem Bericht zufolge in Brüssel kurz vor dem Oktober-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag.
Die EU-Kommission hat den Angaben zufolge seit dem Sondergipfel im September insgesamt 2,8 Milliarden Euro an neuen Flüchtlingshilfen zur Verfügung gestellt – jeweils 500 Millionen Euro für das Welternährungsprogramm und den Treuhandfonds Syrien und 1,8 Milliarden Euro für den Treuhandfonds für Afrika.
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