Flüchtlingshelfer an der Côte d'Azur: Cédric Herrou ist der Mann des Jahres
Seine Courage ist erstaunlich. Herrou hilft Geflüchteten ohne Gegenleistung. Dennoch will ihn die Staatsanwaltschaft hinter Gitter bringen.
Der Staatsanwalt hatte kein Gehör für seine Erklärungen oder die Solidaritätskundgebungen vor dem Gerichtsgebäude in Nizza, er hat für den Angeklagten wegen illegaler Hilfe für Migranten eine exemplarische Strafe von acht Monate Haft auf Bewährung gefordert. Das Urteil soll am 10. Februar ergehen. Herrous Anwälte sind zuversichtlich.
Zu Jahresbeginn ist an der Côte d'Azur der Hochschuldozent Pierre-Alain Mannoni, der ebenfalls illegal eingereiste Flüchtlinge mit seinem Auto unentgeltlich transportiert hatte, freigesprochen worden. Herrou hat in den letzten Monaten rund 200 Menschen geholfen, heimlich die Grenze zu Frankreich zu überschreiten. Oft hat er sie in seinem klapperigen Lieferwagen transportiert, mit dem er sonst seine Eier zum Markt bringt.
Eigentlich müsste der Staat handeln
Im letzten August wurde er von der Polizei gestoppt, als er acht solche illegale Einreisende in seinem Fahrzeug hatte. Zunächst wurde er deswegen nur ermahnt, doch dann kam die gerichtliche Vorladung. Denn Herrou hatte auch viele der Durchreisenden bei sich beherbergt, und weil es schnell zu viele waren, hatte er ein unbenutztes Gebäude der Bahngesellschaft SNCF in ein Durchgangslager umgewandelt. Hat er sich deswegen einer organisierten Begünstigung der illegalen Einreise schuldig gemacht?
Wie er den Richtern erklärte, sind viele seiner Gäste minderjährig. Eigentlich müsste der französische Staat für sie eine Unterkunft finden. Doch die Behörden haben eine andere Priorität: Nach Möglichkeit die illegalen Grenzüberschreitungen aus Ventimiglia und die Bildung neuer Flüchtlingscamps zu vermeiden.
„Der Staat ist in der Illegalität, nicht ich“, plädierte Herrou darum vor Gericht. Zu seinen Motiven sagt er, er habe spontan aus Humanität gehandelt. „Ich bin kein Held, kein Politiker und auch kein Aktivist“, sagt er von sich.
An der Grenze häufen sich die Festnahmen
Am Anfang hatte er Flüchtlingen, die sich in sein Tal verirrt hatten, bloß zu essen gegeben oder ihnen den Weg gewiesen. Er ist überzeugt, dass es Unrecht wäre, diesen Menschen in Not die Hilfe zu verweigern. Darum verspricht er auch, er bereue nichts und werde mit ähnlich gesinnten Nachbarn weitermachen, solange das notwendig sei. Damit provoziert er die Justiz und vor allem die konservativen Behörden der Region, denen diese Bürger, die den Flüchtlingen aus mitmenschlicher Solidarität helfen, ein Dorn im Auge sind.
Der fremdenfeindliche Druck ist in dieser Grenzregion mit der Flüchtlingskrise noch gewachsen. An der Grenze zu Italien häufen sich darum seit 2014 Festnahmen und Prozesse gegen einfache Bürger und Bürgerinnen, die aus Mitgefühl eingereiste Flüchtlinge beherbergen oder ihnen beim Grenzübertritt helfen.
Es gibt indes auch Leute, die aus der Not der Flüchtlinge Profit schlagen und deshalb zu Recht belangt werden. Schockierend sind dagegen die Versuche, die Solidarität in Form uneigennütziger Hilfe für Flüchtlinge zu kriminalisieren. So wurde in Calais „Mummy Brigitte“ getadelt, weil sie jeweils Dutzenden von Migranten aus dem (jetzt geräumten) „Dschungel“ mit ihrer Steckdose die Handy-Batterien aufgeladen hatte.
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