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Flüchtlingsgesetz in IsraelGericht kippt Langzeitinternierung

Erneut muss die Knesset das Flüchtlingsgesetz umarbeiten. Flüchtlinge dürfen laut oberstem Gericht nicht mehr bis zu 20 Monate interniert werden.

Netanjahus Koalition muss das Flüchtlingsgesetz überarbeiten. Foto: dpa

Jerusalem afp | Der oberste Gerichtshof Israels hat einen Teil eines Gesetzes zum Umgang mit Flüchtlingen gekippt. In einer am Dienstag verkündeten Entscheidung wies das Oberste Gericht zudem die Behörde an, seit mehr als einem Jahr in einem Wüstengefängnis festgehaltene illegale Einwanderer binnen zwei Wochen freizulassen.

Das im Dezember vom Parlament verabschiedete Gesetz sah vor, dass illegale Einwanderer bis zu drei Monate ins Gefängnis gesteckt werden können. Danach konnten sie ins Internierungslager Cholot in der Negevwüste verlegt und dort bis zu 20 Monate ohne Urteil festgehalten werden. Das Gericht stufte diese lange Zeit in seinem Urteil als „unverhältnismäßig“ ein.

Es ist bereits das dritte Mal innerhalb von zwei Jahren, dass das Oberste Gericht Vorschriften zur Inhaftierung illegaler Einwanderer kippt. In Israel leben derzeit rund 48.000 Afrikaner, die fast alle aus Eritrea und dem Sudan stammen, wohin sie nach internationaler Rechtspraxis wegen der dort drohenden Verfolgung nicht abgeschoben werden dürfen. Weil sich viele von ihnen unter ärmlichsten Bedingungen im Süden von Tel Aviv konzentrieren, kommt es dort immer wieder zu Protesten von Anwohnern.

Mit Internierungen und dem Entzug der Arbeitserlaubnis versucht Israel, die Eritreer und Sudanesen zur Ausreise in Drittländer zu drängen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte Israel zudem im vergangenen Herbst vorgeworfen, mehr als 7000 Eritreer und Sudanesen illegal in ihre Heimat abgeschoben zu haben.

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3 Kommentare

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  • Andererseits bestätigte hier das Gericht, dass Flüchtlinge ohne jede Anklage, Anhörung und Gerichtsverfahren drei Monate inhaftiert werden dürfen. Allein schon die Bezeichnung des Gesetzes als "Anti-Infiltrationsgesetz" ist bezeichnend. Mit einem Rechtsstaat hat das alles nichts zu tun. Und mit der Sicherheit Israels auch nicht. Hier besteht die politische Klasse aus dem, was sich bei unter der Bezeichnung Pagida zeigt.

    • @Müller Peter:

      eben, von wegen "kippt".

      genaueres ist unter http://972mag.com/high-court-approves-revised-law-for-detention-of-asylum-seekers/110145/

      und zum gesetz selbst unter http://972mag.com/asylum-seekers-to-stay-in-prison-while-israelis-hit-the-polls/99748/

      zu lesen.

      die alles andere als beruhigende entwicklung seit drei jahren kann, wer mag, bei http://972mag.com/special/aslyum-seekers-2/ nachvollziehen.

      sie ist so unschön wie unsere eigene. dort werden die leutz infiltratoren genannt (ein begriff, der früher für palästinensische flüchtlinge reserviert war) - hier asylmissbraucher. hier wie dort sollen die leutz eingekastelt werden können - die seehofer'schen auffanglager für balkanflüchtlinge unterscheiden sich nur wenig vom detention-camp in Holot und die drei monate in der geschlossenen anstalt nicht von der zuletzt beschlossenen änderung im aufenthaltsgesetz, die aus allerlei verdachtsgründen abschiebehaft möglich macht.

       

      das interessante an dem artikel ist, dass eine geschönte darstellung übernommen wird. statt festzustellen: die rule of law wird weltweit in die tonne getreten, der maßnahmestaat hergestellt.

      • @christine rölke-sommer:

        Vielen Dank Frau Rölke- Sommer für ihr engagiertes u informiertes Kommentieren hier, und Danke für ihre Link- Tips.

         

        Bin auf der von ihnen verlinkten Seite auch auf einen Artikel über die inoffizielle IDF-Informationspolitik gestoßen, die von ihrem Ex- Sprecher aber doch recht offenherzig dargelegt wurde, danach scheint sich das Info- Büro der IDF mittlerweile aktiv der nationalen u internationalen Medienmanipulation verschrieben zu haben. Interessant vllcht auch für die Israel- Korrespondenten der taz u anderer dt. Medien- aber lesen Sie selbst: http://972mag.com/for-the-first-time-in-history-jews-can-take-part-in-war-from-home/109087/