Flüchtlingsboot vor Lampedusa: 25 Menschen an Bord erfroren
Wieder wird das Mittelmeer für Migranten zur Todesfalle: Mehr als 100 Menschen sitzen auf einem Boot fest. Die Rettungsaktion kommt für viele zu spät.
ROM dpa | Bei extremen Wetterbedingen sind vor der italienischen Insel Lampedusa mindestens 25 Flüchtlinge ums Leben gekommen. Sie starben während der Überfahrt von Libyen nach Italien in einem kaum seetüchtigen Boot an Unterkühlung, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Die italienische Küstenwache, die den Migranten trotz starker Winde und hoher Wellen zur Hilfe eilte, kritisierte Montag, dass die Schlepper trotz schlechten Wetters Flüchtlinge losschickten.
Nach Angaben der Küstenwache geriet das Boot mit mehr als 100 Menschen an Bord in der Nacht zum Montag in Seenot und setzte einen Notruf ab. Zwei Motorboote der Küstenwache eilten den Menschen zur Hilfe und brachten die Flüchtlinge in Sicherheit. Für 25 von ihnen kam jede Hilfe zu spät, sie starben an Unterkühlung.
„Unsere Leute sind am Ende, sie kämpfen gegen mehr als neun Meter hohe Wellen“, sagte der Sprecher der Küstenwache, Filippo Marini, der Ansa. „Bei solchen Bedingungen zu agieren, ist fast unmöglich. Dass einige Menschen gerettet werden konnten, grenzt an ein Wunder.“ Die Einsatzkräfte riskierten auf dem Meer ihr eigenes Leben.
Sanitäter Pietro Bartolo sagte der Zeitung La Repubblica: „Es ist schrecklich, es sind viele junge Menschen dabei. Sie sind komplett nass, sie sind alle erfroren.“ Die Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusi Nicolini, sagte der Nachrichtenagentur Adnkronos: „Die 366 Toten von Lampedusa haben nicht geholfen, die Worte des Papstes haben nicht geholfen, wir sind wieder da, wo wir vor Mare Nostrum waren. Das ist die Realität.“
Nach zwei Schiffsunglücken mit mehr als 350 Toten vor Lampedusa im Oktober 2013 hatte Italien die Rettungsmission „Mare Nostrum“ ins Leben gerufen, die in den folgenden Monaten Tausende Flüchtlinge auf dem Mittelmeer in Sicherheit brachte. Diese war vergangenes Jahr von der EU-Mission "Triton" abgelöst worden. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) kritisierte das Programm am Montag erneut als unzureichend.
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