piwik no script img

Flüchtlinge vor MazedonienPanik im Niemandsland

Tausende Flüchtlinge sind im Niemandsland vor Mazedonien gestrandet. Die Grenzpolizisten halten sie gewaltsam von der Einreise ab.

Kein Durchkommen: Ein Flüchtling mit Kind kniet vor mazedonischen Polizisten. Foto: reuters

BELGRAD taz | Die griechischen Grenzpolizisten haben sie, wie üblich, nach Mazedonien durchgelassen. Die mazedonischen Grenzpolizisten wollten sie jedoch nicht nach Mazedonien ziehen lassen. Es kamen immer mehr, vorwiegend syrische Flüchtlinge ins Niemandsland am Grenzübergang Gevgelija. Erst Hunderte, dann Tausende. Die Nacht von Donnerstag auf Freitag verbrachten sie im Freien. Panik verbreitete sich unter den erschöpften abgeriegelten Menschen, die schon Tausende Kilometer auf ihrem Weg nach Westeuropa zurückgelegt haben.

Es ist nicht bekannt, warum mazedonische Behörden die bisherige Praxis auf der Balkanroute der Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Irak oder Pakistan über Nacht geändert haben, die Menschen über Griechenland, Mazedonien und Serbien Richtung EU, mehr oder weniger organisiert, ziehen zu lassen.

Die Entscheidung erwies sich als verheerend. Furcht und Verzweiflung erfassten die eingeschlossenen Menschen. Sie versuchten mit Gewalt, die Grenze nach Mazedonien zu überqueren. Mazedonische Polizisten setzten Tränengas und Blendgranaten ein. Sondereinheiten waren im Einsatz, auch das Militär bekam den Befehl Truppen an die Grenze zu schicken. Frauen und Kinder rannten hustend und weinend vor dem brennenden Gas weg. Manche Männer packte blinde Wut. Ein Polizist soll einen Messerstich in den Bauch bekommen haben.

Das Chaos war komplett. Dutzende Menschen wurden verletzt, manche kollabierten, weil sie weder Wasser noch Nahrungsmittel hatten. Medien berichteten am Freitag von 12 Fehlgeburten und über 60 ärztlichen Einsätzen.

Ein Präzedenzfall

Gleichzeitig blockierten in Griechenland über 4.000 Flüchtlinge aus Protest die internationale Eisenbahnlinie Thessaloniki–Skopje. Auf der mazedonischen Seite wurde entlang der Eisenbahn am Grenzübergang ein 300 Meter langer Stacheldrahtzaun errichtet. Die mazedonische Regierung beschuldigte Athen, die Transporte der Flüchtlinge nach Mazedonien organisiert zu haben, und rief wegen der erhöhten Zahl von Flüchtlingen den Ausnahmezustand im südlichen und nördlichen Grenzgebiet des Landes aus. Allein in Juli sollen rund 39.000 Flüchtlinge in Mazedonien registriert worden sein, allerdings nur mit kurzfristiger Aufenthaltsgenehmigung.

Es ist ein Präzedenzfall, dass Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und aus Nordafrika im Niemandsland zwischen zwei Grenzen festgehalten werden. Dort ist weder Griechenland noch Mazedonien für sie zuständig.

Auch in Serbien ist die Lage dramatisch. Tausende Flüchtlinge ziehen durch das Land und wollen illegal über Ungarn, das einen 175 Kilometer langen und 3,5 Meter hohen Zaun entlang der Grenze mit Serbien errichtet, nach Westeuropa kommen. Sicherheitsexperten warnen davor, dass sich ein Vorfall wie in Gevgelija wiederholen könnte: wenn es eine Seite schafft, die Grenze abzuriegeln, bleiben Tausende Flüchtlinge auf engem Raum hängen. Dann könnte alles außer Kontrolle geraten.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Nicht Flüchtlinge sondern Ursachen, die zum Flüchten zwingen, müssen bekämpft werden! Diese Tatsache werden Historiker noch notieren müssen, weil anders kann man das akute weltweite Problem nicht lösen.

     

    Und wie?

     

    Zuerst bietet man Hilfestellung den Ländern an, woher Menschen fliehen. Und man versucht gemeinsam, quasy durch eine Annäherung der Länder - woher und der Länder - wohin die Menschen fliehen, den Wandel herbeizuführen. Ursachen, die das Fliehen erzwingen, müssen beseitigt werden.

     

    Sollte die Hilfe abgelehnt werden, so können z.B. (wirtschaftliche) Sanktionen gegen betreffende Länder verhängt werden.

     

    Funktioniert die Abschräkung der Flüchtlinge, dass sie nicht fliehen sollen, wirklich nicht?

     

    Nein. Ein Beispiel. Afganistan, als der Tyran O.b.L. noch an der Regierung dort war. Mehreren Berichten zur Folge wurden dort Menschen auf einem Fussballplatz hingerichtet, und die anderen Bewohner mussten das ansehen. Der unmenschliche Umgang mit Frauen dort ist nicht eines Menschen würdig; dies ist auch bekannt.

     

    Nicht Flüchtlinge sondern Ursachen, die zum Flüchten zwingen, müssen bekämpft werden!

    • @Stefan Mustermann:

      Wie bitte?!

       

      "Nicht Flüchtlinge sondern Ursachen, die zum Flüchten zwingen, müssen bekämpft werden!"

       

      Was Sie da sagen, ist Ihnen hoffentlich klar! Sie sagen nämlich zwischen den Zeilen, der Islam muss bekämpft werden muss.

    • @Stefan Mustermann:

      der TyranN O.b.L. war niemals IN der Regierung in AfgHanistan. Höchstens an der Macht, auch das waren die Taliban, deren Führer er zeitweise war.

       

      Fraglich ist natürlich, wie du gegen ein Land wie Syrien jetzt noch Sanktionen verhängen willst...

       

      Ansonsten haben Sie sicherlich recht, dass die Situation dort verbessert werden muss, alles andere ist eine symptomatische Therapie

  • Schlimmes Bild,aber man darf den Gefühlen nicht nachgeben.