Flüchtlinge vom Oranienplatz: Gericht bestätigt Einigungspapier
Die Einigung zwischen dem Berliner Senat und Flüchtlingen interpretierten beide Seiten unterschiedlich. Nun gab erstmals ein Gericht einem Asylbewerber Recht.
BERLIN dpa | Ein Flüchtling vom Berliner Oranienplatz hat vor Gericht einen Erfolg gegen den Senat erstritten. Der Asylbewerber aus Nigeria kann vorerst in Berlin bleiben und muss nicht nach Bayern ziehen, wie es das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) angeordnet hatte.
Das entschied das Verwaltungsgericht bereits am Dienstag und verwies dabei ausdrücklich auf das „Einigungspapier Oranienplatz“ des Senats mit den Flüchtlingen.
Das Gericht gab einem Eilantrag des Mannes statt. Die Entscheidung gilt, bis über die eigentliche Klage gegen den Umzug nach Bayern entschieden wird. Das Gericht betonte, dass „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit“ der Zuweisung des Mannes nach Bayern bestünden. Der Flüchtling hat ein laufendes Asylverfahren in Italien, will aber in Berlin erneut Asyl beantragen.
Das Gericht bezog sich in seiner knapp sechsseitigen Begründung auf das Aufenthaltsgesetz, wonach Asylbewerber nicht auf andere Bundesländer verteilt werden, wenn familiäre oder „sonstige zwingende Gründe“ bestehen. Diese Gründe sehen die Richter in dem Einigungspapier der Flüchtlinge mit dem Senat. Auf dieses Papier hätten sich auch die Senatsmitglieder gemeinsam verständigt und es entsprechend vorgestellt.
Piraten sprechen von Meilenstein
Die Richter betonten, das Einigungspapier lege nahe, dass das LaGeSo „seine ihm im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bestehenden Entscheidungsspielräume ausschöpft“. Es spreche vieles dafür, dass der Senat „mit dem Abschluss des 'Einigungspapiers Oranienplatz' von einer Verteilung“ des Flüchtlings absieht, ihn also nicht in ein anderes Bundesland schickt. Das gilt laut Gericht aber nicht zwingend für Flüchtlinge, deren Asylverfahren bereits in anderen Bundesländern laufen.
Der Piraten-Abgeordnete Fabio Reinhardt sprach von einem „Meilenstein“ der Rechtsprechung zugunsten der Flüchtlinge. Das müsse Konsequenzen für weitere laufenden Verfahren von Flüchtlingen in Berlin haben. Anwälte der Flüchtlinge hatten dem Senat mehrfach vorgeworfen, seine Zusagen nicht einzuhalten.
Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte hingegen betont, die vereinbarten Einzelfallprüfungen der Asylverfahren hätten gezeigt, dass die Verfahren der Flüchtlinge in anderen Bundesländern oder Staaten liefen.
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