Flüchtlinge in Europa: Österreich plant Brenner-Kontrollen
Österreich bereitet rigide Grenzkontrollen an der Grenze zu Italien vor. Die Regierung will 750 Soldaten zur Verfügung stellen. Italien reagiert empört.
Zuvor hatte schon Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) „zeitnahe“ Kontrollen am Brenner-Pass angekündigt. Wenn sich die Lage in Italien zuspitze, wolle man entsprechend vorbereitet sein. Tatsächlich angeordnet wurden die Grenzkontrollen aber bisher nicht.
Bereits im Vorjahr kündigte das Land Kontrollen am Brenner an, was in Italien auf heftigen Widerstand stieß. Da der Flüchtlingsansturm über die Tiroler Berge aber ausblieb, wurden die Kontrollen niemals eingeführt. In Italien sorgten die Pläne der Österreicher dennoch für Aufregung. Außenminister Marco Minniti bestellte den österreichischen Botschafter in Rom zu einem Gespräch ein.
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) verteidigte die Vorbereitungen: Es sei ehrlich, jetzt Italien und der Europäischen Union ganz klar zu sagen: „Wir bereiten uns vor und wir werden unsere Brenner-Grenze schützen, wenn es notwendig ist“, sagte Kurz zur Agentur APA. Notwendig sei aber vor allem eine Schließung der Mittelmeer-Route.
Kontrollen könnten zu langen Staus führen
Für den Einsatz zur Grenzsicherung will das österreichische Verteidigungsministerium insgesamt 750 Soldaten zur Verfügung stellen. Im Falle einer Alarmierung sollen sie binnen drei Tagen einsatzfähig sein. Bereits am Montag seien vier Radpanzer zum Absperren von Straßen in das Grenzgebiet verlegt worden.
Der Brenner-Übergang zu Italien ist eine der wichtigsten Nord-Süd-Routen für den Fracht- und Tourismusverkehr. Bei Grenzkontrollen in der Urlaubssaison sind lange Staus zu erwarten.
Italien hat in diesem Jahr bereits 82.000 Flüchtlinge aufgenommen, ein Drittel mehr als vor einem Jahr. Damit ist Italien Hauptaufnahmeland für Flüchtlinge geworden, die nach Europa wollen. Am Donnerstag beraten die europäischen Innen- und Justizminister über Möglichkeiten, Italien zu entlasten.
In Österreich ist die Zahl der Asylanträge nach Schließung der Balkan-Route im vergangenen Jahr auf knapp 42.100 von 90.000 ein Jahr zuvor zurückgegangen. Zum Asylverfahren zugelassen wurden laut Innenministerium gut 36.000 Menschen. Das Land blieb damit unter der selbst gesteckten Obergrenze von 37.500 Asylverfahren.
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