piwik no script img

Flüchtlinge aus EritreaLebenslang im Militär

Nach dem Schulabschluss werden in Eritrea automatisch alle Abgänger in den Militärdienst eingezogen. Sie sind Gefangene des eigenen Systems.

Sie haben die Flucht überlebt. Viele eritreische Flüchtlinge dagegen nicht. Bild: ap

BERLIN taz | Die meisten Flüchtlinge aus Eritrea sind jugendliche Mädchen und Jungen und junge Erwachsene. Sie alle flüchten aus demselben Grund: wegen des brutalen Militärdiensts. Unter der Diktatur von Eritreas Herrscher Isaias Afewerki werden nach dem Schulabschluss automatisch alle Abgänger in den Militärdienst eingezogen. Die meisten für ein Leben lang. Sie haben keine Chance, frei einen Beruf zu wählen und eine Ausbildung zu machen.

Stattdessen hausen die jungen Männer und Frauen in den Militärlagern unter furchtbaren Bedingungen wie Gefangene ihres eigenen Regimes. Auf Desertion stehen Strafen in Lagern und Folter. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezeichnet Eritrea als ein einziges „gigantisches Gefängnis“.

Das einzige Entkommen aus den Fängen des Militärregimes ist die Flucht. Vor allem junge Eritreer laufen davon, eine ganze Generation ist geflohen. Die meisten suchen Zuflucht in Kenia, Uganda oder Südsudan, wo sie relativ leicht Bleiberecht erhalten.

Nur die wenigsten machen sich auf die riskante Reise nach Europa. Viele haben bereits Angehörige in Europa, die die Schlepper durch die Sahara und die teure Überfahrt über das Mittelmeer finanziell überhaupt ermöglichen. Eritreer erhalten in der EU meistens Asylstatus. Doch dazu müssen die Fahnenflüchtigen es eigenständig nach Europa schaffen.

Jeder Sechste ist ins Ausland geflohen

Mittlerweile leben mehr als eine Million Eritreer im Exil. Bei einer geschätzten Bevölkerung von rund sechs Millionen lebt also jeder Sechste im Ausland. Das Geld, das die Exilanten an die Angehörigen zu Hause schicken, macht über 30 Prozent des Bruttosozialprodukts aus. Es hält das Land buchstäblich am Leben. Denn die Wirtschaft des fast komplett isolierten Landes ist am Boden. Es gibt kaum noch Diesel und Benzin, Strom oder Nahrungsmittel.

Die westlichen Geberländer haben schon lange alle Hilfsgelder eingestellt. Denn in Eritrea wird jeder Bereich der Gesellschaft vom Regime strengstens kontrolliert. Jegliche Entwicklungshilfe würde also unmittelbar dem Regime zugutekommen. Eritrea gilt quasi als Schurkenstaat.

UN-Ermittler haben Beweise gefunden, dass das Regime islamistische Terrornetzwerke unterstützt. Daher fließen fast keine Hilfsleistungen nach Eritrea. Somit haben die westlichen Länder auch keinen Hebel, auf das Regime Einfluss zu nehmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • H
    haile

    Ich glaube es ist im Moment Mode nur über eritrea etwas negatives zu schreiben. Eritrea ist ein Musterland für Afrika gewesen. .denn von den westlichen Ländern und von USA ist nicht gewollt ein afrikanisches Land selbstständig zu sein. Es ist eigentlich ganz einfach für dieses Problem eine Lösung zu finden. Die Lösung wäre USA und ihren Verbündeten Äthiopien den Algiervertrag unter zeichnen zulassen, dementsprechend müss ja niemand lebenslang Militärdienst leisten zu müssen wie sie behaupten. Sie hanen gar keine Ahnung was die Menschen in eritrea unter Militär herrschaft erleiden müssten.

    Also lassen sie das Land in ruhe ind schreiben sie lieber über Deutschland. .vielleicht haben etwas Ahnung davon, was ich sehr bezweifle. .

  • J
    Johnny

    Das Problem

    Sind regierungs-unkritische Menschen wie "tesfa" . Wie kann man tolerieren dass Millionen vorwiegend Jugendliche für unbestimmte Zeit einen Militär dienst ableisten müssen?

    Wie kann man tolerieren, dass oppositionelle gefoltert und gedemütigt werden ?

     

    Ich würde gerne sehen, wie tesfa-von dem es 100 gibt- dazu Stehen würde, wenn sein Sohn ein Leben ohne Perspektive und in bitterer Armut führen würde?!

     

    Warum fliehen tausende von jugendlichen mit einem fisherboot über ein Meer? Aus Spaß ? Bitte tesfa beantworten sie diese frage

  • "recently renewed sanctions on some of the worst abusers, including North Korea and Eritrea. We’re partnering with groups that help women and children escape from the grip of their abusers. We’re helping other countries step up their own efforts. And we’re seeing results. More nations have passed and more are enforcing modern anti-trafficking laws." (Aus Obama Rede)

    Obama ist doch dann der Auftraggeber des Menschen-Schlepper"

  • A
    Adulis

    hach wie habe ich diesen Martyrerkram satt, mit dem sich die Alten Eritreas den Kopf waschen liessen, leider auc hviele Auslandseritreer, zumeist weniger Gebildete. Afewerki ist ein Despot, der nicht von der Macht laesst, auf Kosten der ganzen Bevoelkerung und des wirklich vorhandenen Potentials eines funktionierenden Stattes mit gebildeter Jugend.Punkt. Es ist wirklich traurig. Und das Problem ist wahrlich nicht Aethiopien. Es ist ein Tyrann, der absichtlich Hass schuert, und keine Ahnung von Politik hat

  • G
    gastgeber

    @ Rahl, du solltest dich besser informieren.

    eritrea wurde über jahrzehnte hinweig von äthiopien ausgebeutet und das land für eigene zwecke ausgebeutet.

    äthiopien missachtet zu dem das friendensabkommen, das in algerien unterzeichnet wurde und weigert sich immer noch die grenze zwischen äthiopien und eritrea zu ziehen.

    das führt daszu, dass die militärs beider staaten auf kosten der jugend permanent aufstocken. und ein ende ist nicht in sicht.

    und eritrea existiert nicht, nur weil äthipien vorhanden ist.

    woher hast du denn den stuss???

  • A
    armutszustand

    eritrea ist erst in diese lager gerade, weil die weltmacht blind äthiopiens position folgt.

    das friedensabkommen, dass mit der zustimmung der eu in algerien unterzeichnet wurde, wird von äthiopien mit füssen getreten und die weltmacht ignoriert diesen vorgang.

    warum?

  • Wo bleibt ihre journalistische Pflicht für Recherche, Frau Simone Schlindwein?

    Bevor Sie Behauptungen wieder geben, sollten Sie zumindest die Hintergründe erleuchten.

    Fakt ist die immer noch bestehende Kriegserklärung seitens Äthiopien. So wie der in Algerien abgeschlossene Friedensabkommen und das bindendes Schiedsspruch von Den-Haag. Diese Fakten werden von Äthiopien völkerrechtswidrig mit den Füßen getreten! Äthiopiens Handlungen finden mit dem Segen Washingtons satt, daher duckt sich die EU vor ihre Verpflichtung. Den Friedensabkommen wurde nämlich auch von der EU mit unterzeichnet. Diese Fakten bestimmen die Situation in Eritrea. Es herrscht eine Ausnahmezustand in Eritrea. Diese Fakten vorab zur recherchieren, bedarf es kein Visum nach Eritrea sondern eine Anfrage Brüssel.

    Sie lassen die Einleitung weg, übernehmen die Anschuldigungen blind, die nie nachgewiesen wurden. Das die Entwicklungshilfen, ein Mittel zum Druck ausüben dienen, stellt sich die bohrende Frage, wurde diese Art von Hilfe von Eritrea vielleicht deswegen dankend abgelehnt??

    Hat Eritrea auch vielleicht veranlaßt, Journalisten die Einreise zu verwehren, weil diese Art von Journalismus im Gange ist? Das endlose Dilemma Afrikas und die Kreuzzug ähnliche Interventionen der jüngsten Geschichte auf der Weltbühne sind auch Fakten, aus denen wir endlich die Schlußfolgerungen ziehen sollten, statt sie blind mitzuschleppen.

  • Jeder Artikel, der wie dieser auf unaufgeregte Weise über die Lage in (kleinen) afrikanischen Ländern informiert ist hilfreich, gerade auch in der aufgeheizten Asyl- Flüchtlingsdebatte.

    Zum Thema: Neulich habe ich gelesen, Deutschland würde sich in Eritrea mit "Wirtschaftshilfe engagiere" (wie es ja immer so schön heißt). Stimmt das denn?

  • P
    paul

    ich finde den artikel zu einseitig. mit der verwendung des begriffes "schurkenstaat" kommen wir gefährlich der schwarz-weiß-logik der westlichen welt nahe. schrukenstaat steht für die weltsicht eines G.W. Bush. eritrea ist quasi durch die ständige bedrohung durch äthiopien, durch die erst vor kurzem unabhängigkeit errungen wurde, immernoch im kriegszustand. kein land will handel treiben, denn eritrea fühlt sich keinem block zugehörig. das ist schlecht für die wirtschaft des landes und ein armutszeugnis für den rest der welt, welche jede kommunikation oder zusammenarbeit ablehnt. ich bin kein fan eines diktators, doch dieses beispiel zeigt, wie "blockfreie" darben müssen im 21. jahrhundert.

    • R
      Rahel
      @paul:

      Anstatt irgendeinen Schwachsinn zu schreiben sollte man sich vorher besser informieren. Gäbe es Äthiopien nicht würde Eritrea nicht existieren. Eritrea hat ganz andere Probleme als seine Nachbarstädte.