Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute: Weniger Rettungsaktionen vor Libyen
Nachdem die libysche Küstenwache auf Schiffe schoss, hat nun eine dritte NGO ihre Rettungseinsätze gestoppt. Italien bemängelt die EU-Flüchtlingspolitik.
Boote der libyschen Küstenwache hatten am Rande der libyschen Küstengewässer wiederholt auf Schiffe der Hilfsorganisationen geschossen. Die Küstenwache hatte die Schüsse damit erklärt, Kontrolle über die Rettungsaktionen behalten zu wollen. „Grundsätzlich sind wir nicht gegen die Anwesenheit der Hilfsorganisationen, aber wir erwarten von ihnen eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Staat Libyen“, sagte ein Sprecher der Küstenwache.
Hilfsorganisationen spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer. In diesem Jahr hatten sie mehr als ein Drittel aller Migranten aufgegriffen, 2014 waren es noch weniger als ein Prozent. Über Libyen kommen derzeit die meisten Menschen, die versuchen, über das Mittelmeer in die EU zu gelangen. Bei dem Versuch sterben Tausende.
EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos hat „absolute Kompromisslosigkeit“ im Umgang mit Menschenhändlern und Schleppern im Mittelmeer angemahnt. „Schleuser zu bekämpfen und ihre Aktivitäten zu unterbinden, ist heute mehr denn je unsere Priorität“, sagte Avramopoulos den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Operation „Sophia“, die speziell dafür eingesetzt wurde, habe bereits zur Verhaftung von rund 110 mutmaßlichen Schleusern und Menschenhändlern beigetragen und mehr als 470 Boote aus dem Verkehr gezogen, lobte der EU-Kommissar.
Italiens Außenminister Angelino Alfano wirft den EU-Staaten vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise auf der Mittelmeerroute Versagen vor: „Es fehlt an einer gemeinsamen europäischen Migrationspolitik, die sich der Ankünfte aus Afrika annimmt“, sagte er der Bild-Zeitung. „Italien leistet den Beitrag, aber wir können diese Last nicht alleine verkraften.“
Der Minister rechnet bis Ende des Jahres mit mehr als 200.000 Menschen, die über die Mittelmeerroute nach Europa kommen. Und er gibt zu bedenken: „Weitere hunderttausende Menschen warten in Libyen auf die gefährliche Überfahrt, die häufig tödlich endet.“
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