Flucht über das Mittelmeer: Weit entfernte Häfen für Retter

Die italienische Regierung hat Rettungsschiffen Häfen zugewiesen, zu denen sie lange unterwegs sind. Offenbar eine neue Taktik gegen private Seenotrettung.

Das Rettungsschiff Sea-Eye-4

Das Rettungsschiff Sea-Eye-4 nach einem Rettungseinsatz in einem italienischen Hafen im Jahr 2021 Foto: Carmelo Imbesi/Zuma Press/imago

FRANKFURT A.M. epd | Drei private Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer können die Flüchtlinge an Bord nach Italien bringen. Allerdings haben die Behörden ihnen weit entfernte Häfen zugewiesen. So sollen die „Life Support“ und die „Sea-Eye 4“ zum toskanischen Livorno fahren. Die „Rise Above“ erhielt die Anweisung, statt wie zunächst mitgeteilt im südlichen Roccella Ionica anzulanden, die Menschen ins 150 Kilometer nördlicher gelegene Tarent zu bringen.

„Uns wurde noch nie ein so weit entfernter Hafen zugewiesen“, sagte der Vorsitzende der Rettungsorganisation Sea Eye, Gorden Isler, dem epd. „Es geht darum, die Rettungsschiffe so lange wie möglich vom Rettungsort im zentralen Mittelmeer zu entfernen.“ Das sei völkerrechtswidrig. Die „Sea-Eye 4“ brauche fünf Tage für die Fahrt nach Livorno und gelange voraussichtlich am Freitagmorgen dort an. Sie hat 108 Geflüchtete aus zwei Rettungsaktionen an Bord.

Die „Life Support“ der italienischen Organisation Emergency brachte zum Abschluss ihrer ersten Rettungsfahrt 142 Menschen nach Livorno. Die Crew hatte die Geflüchteten am Sonntag und Montag in drei Rettungsaktionen an Bord geholt, darunter Kinder und 26 unbegleitete Minderjährige. Das Schiff war in der vergangenen Woche zu seinem ersten Rettungseinsatz aufgebrochen. Auf dem Schiff können bis zu 175 Menschen Aufnahme finden und erstversorgt werden.

Auf der „Rise Above“ befinden sich mehr als 80 Gerettete, mehrheitlich Minderjährige und Kinder. Die weite Fahrt nach Tarent bringe die Besatzung an den Rand der Kraftstoffkapazitäten, erklärte die Dresdner Organisation Mission Lifeline, die das Schiff betreibt.

Mehr als 2.000 Tote oder Vermisste

Es sei fraglich, ob das Schiff es bis nach Tarent schaffe. „Unsere Befürchtung, dass man gezielt Rettungskapazitäten aus Suchgebieten abzieht, scheint sich zu bestätigen.“ Die Geretteten seien erschöpft und ängstlich. Die Besatzung hatte sie am Mittwoch aus zwei Booten in Seenot gerettet. Zwei weitere Boote hatte die Crew demnach stabilisiert und dann an die italienische Küstenwache übergeben.

Eine staatlich organisierte Seenotrettung gibt es auf dem Mittelmeer nicht, lediglich die Schiffe privater Hilfsorganisationen halten Ausschau nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. Bei der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in diesem Jahr bereits mehr als 2.000 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.

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