Fleischkonsum der Deutschen: Auf Kosten der Armen

Jeder Deutsche isst während seines Lebens im Schnitt 1.094 Tiere. Der „Fleischatlas“ von BUND, Böll-Stiftung und „Le Monde diplomatique“ zeigt die Folgen.

In Südamerika, Afrika und Asien sind fast 27 Millionen Hektar Ackerland dafür reserviert, den nördlichen Fleischkonsum zu ermöglichen. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer isst am meisten Fleisch in Deutschland? Männer in Thüringen. Zu Hause verzehren sie durchschnittlich etwa 100 Gramm Wurst und Fleisch pro Tag. Hinzu kommt der Konsum in Restaurants und Imbissen. Hochgerechnet auf das Jahr summiert sich der Verzehr so auf rund 60 Kilogramm pro Kopf.

Diese und andere interessante Zahlen stehen im sogenannten Fleischatlas, den der Umweltverband BUND, die grüne Böll-Stiftung und die vom taz-Verlag herausgegebene Le Monde diplomatique am Donnerstag vorstellten.

Den Herausgebern des Fleischatlas geht es darum, die Auswirkungen des Fleischkonsums zu thematisieren, den sich im Gegensatz zu Menschen in ärmeren Ländern vor allem die Einwohner der Industriestaaten leisten können. Zu den negativen Folgen dieser speziellen Ernährungsform gehören beispielsweise der erhöhte Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid und die zunehmende Entwaldung in Russland, Südamerika, Afrika und Südostasien.

Vor der Ernährungsmesse Grüne Woche, die am kommenden Freitag in Berlin beginnt, fordern BUND und Böll-Stiftung deshalb, die Subventionen für die konventionelle, industrielle Fleischproduktion einzuschränken. Der durchschnittliche Deutsche konsumiert im Laufe seines Lebens eindrucksvolle Mengen: beispielsweise 4 Rinder, 46 Schweine und fast 1.000 Hühner werden geschlachtet, damit immer Schnitzel und Bratwürste auf die Teller kommen.

Ohne die industrielle Tierproduktion in Europa wäre das nicht möglich. Zusätzlich liefern die Entwicklungs- und Schwellenländer große Mengen Sojabohnen und andere Futtermittel. Der Atlas zeigt, welchen Umfang dieser Handel inzwischen angenommen hat: In Südamerika, Afrika und Asien sind fast 27 Millionen Hektar Ackerland dafür reserviert, den nördlichen Fleischkonsum zu ermöglichen. Diese Flächen stehen für die Versorgung der einheimischen Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln nicht zur Verfügung.

Riesige Mengen Wasser

Weitere Probleme kommen hinzu: Den Ausstoß von 2 Tonnen CO2-Äquivalenten verursacht der deutsche Durchschnittsverbraucher jährlich mit seiner fleischlastigen Ernährung. Riesige Mengen Wasser werden benötigt. Und Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND, wies darauf hin, dass die medizinische Sicherheit in Europa in Gefahr gerate. Antibiotika, die den Tieren permanent verabreicht werden, rufen Resistenzen beim Menschen hervor und erschweren die Behandlung von Krankheiten.

Böll-Vorsitzende Barbara Unmüßig forderte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) auf, sie solle sich für die „Streichung der Subventionen für die intensive Fleischproduktion“ einsetzen. Im Rahmen der laufenden EU-Agrarreform müsse „die Vergabe der 60 Milliarden Euro Unterstützung an strenge Umwelt- und Tierschutzauflagen“ gebunden werden, ergänzte BUND-Chef Weiger. Aber es geht auch anders: Rund 1,5 Millionen Deutsche bezeichnen sich als Vegetarier, und 4 Prozent des Rindfleischs stammen aus Bioproduktion.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.