Flächenkonflikt um Bremer Kulturprojekt: Irgendwo bleibt heimatlos
Das Offkultur-Projekt ‚Irgendwo‘ soll nicht im Gebiet am Flughafen bleiben. Die linke Wirtschaftssenatorin will das Areal für Investoren reservieren.
Die Forderung: Das Irgendwo, ein Raum für Off-Kultur und Outdoor-Partys des Vereins Kulturbeutel, soll dauerhaft auf dem Gelände an der Amelie-Beese-Straße bleiben dürfen. Seit dem 1. November steht es nämlich ohne gültigen Mietvertrag da. „Wir sind hier nur noch geduldet“, so Rösel.
Schon drei Jahre lang bespielt der Verein die Fläche an der Flughafenstadt mit Housepartys, Lesungen, Filmen, einem Biergarten. Das Ganze war auf Zwischennutzung angelegt – jedes Jahr mussten die Betreiber*innen erneut auf einen Vertrag hoffen. Ein neues Angebot der Stadt gibt es zwar – doch das kommt den Aktiven eher wie ein Rauswurf vor: Zwei Jahre noch, so heißt es im Vertragsentwurf, könne das Projekt bleiben, dann müsse es definitiv umziehen.
Eigentlich, so erzählt es Graßhoff vom Kulturbeutel, hatte man sich von der rot-grün-roten Landesregierung eine Verstetigung erhofft: Schließlich steht die Schaffung subkultureller Räume gleich mehrfach im Koalitionsvertrag; und im vergangenen Herbst, so Graßhoff, habe man sich mit den Ressorts darauf geeinigt, 2020 endlich eine dauerhafte Lösung zu suchen und zu finden.
Das Areal ist auch für die Wirtschaft interessant
Doch das Wirtschaftsressort unter Senatorin Kristina Vogt (Linke) hat andere Pläne für das Grundstück. Anfang des Jahres hatte sich ein Investor gefunden, der hier ein Bürogebäude entwickeln wollte. Wegen Corona ist der zwar erst einmal abgesprungen – aber das Sahnestück deshalb komplett den Kulturtreibenden überlassen, das will man im Hause Vogt nicht.
Das Areal sei immerhin eines der letzten freien Grundstücke in der begehrten Airport-Stadt, sagt die neue Sprecherin des Wirtschaftsressorts, Kristin Viezens. Und immer sei klar gewesen, dass es bei diesem Gelände nur um eine Zwischennutzung für den Kulturbeutel gehen könne. „Natürlich will die Senatorin, dass der Verein eine Fläche bekommt“, so Viezens. „Aber es ist ganz klar: Diese Fläche ist es nicht.“
Alternativen allerdings sind rar gesät. „Vieles muss stimmen“, erklärt Graßhoff: Wohngebiete fallen raus, schließlich werden im Irgendwo Partys gefeiert, auch mit Bass und Lautstärke. Umgekehrt bieten sich auch nicht alle Gewerbeflächen an – Lesungen und Filmabende finden neben einer Autobahn nicht die nötige Ruhe. Und dann muss noch die Anbindung stimmen, damit überhaupt Besucher*innen kommen.
Unterstützung bekommt diese Argumentation ausgerechnet aus der Landesregierung. „Von all den vielen Grundstücken, die wir geprüft haben, hat keines so viele Vorteile, wie das jetzige“, so die Senatorin für Stadtentwicklung, Maike Schaefer (Grüne). Ganz einig scheint man in der Koalition über den Umgang mit dem Irgendwo irgendwie noch nicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!