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Finnisch-russischer GrenzübergangDa war es nur noch einer

Finnland schließt sieben Grenzübergänge zu Russland, nur einer bleibt offen. Damit will Helsinki Asylsuchende davon abhalten, ins Land zu kommen.

Zollbeamter mit einem Spürhund am internationalen Grenzübergang in Salla Foto: Jussi Nukari/imago

Stockholm taz | Finnlands Regierung hat beschlossen, sieben der acht finnisch-russischen Grenzübergänge ganz zu schließen. Ab Freitag Mitternacht ist nur noch Raja-Jooseppi, der 1.200 Kilometer von Helsinki entfernt liegende nördlichste Übergang, geöffnet, und das auch nur zwischen 10 und 14 Uhr. Es kämen nach wie vor Asylsuchende über diese Grenze ins Land, begründete Ministerpräsident Petteri Orpo den Schritt: Die russischen Behörden hätten „keine Maßnahmen gegen diesen Verkehr getroffen“, sondern würden „eher dazu beitragen, ihn zu fördern“.

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex schickt 50 Beamte an Finnlands Grenze zu Russland. Diese ist 1.340 Kilometer lang. 50 Grenzschutzbeamte und anderes Personal sowie Ausrüstung wie Patrouillenfahrzeuge sollen die finnischen Grenzschutzmaßnahmen verstärken, wie Frontex am Donnerstag mitteilte. Sie sollen voraussichtlich ab der kommenden Woche vor Ort sein.

In den vergangenen zwei Wochen sind rund 600 Asylsuchende über die russische Grenze nach Finnland gekommen. Am vergangenen Freitag hatte Helsinki darauf mit der Schließung der vier südlichsten Grenzübergänge reagiert, worauf dieser Verkehr zwar deutlich abnahm, aber vereinzelte Asylsuchende weiter über die weiter nördlich liegenden Übergänge kamen.

Die der rechtsextremen Partei „Wahre Finnen“ angehörende und wegen rassistischer Äußerungen kritisierte Innenministerin Mari Rantanen hatte ursprünglich einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach alle Grenzübergänge geschlossen worden wären und Asylanträge nur noch am Flughafen Helsinki hätten gestellt werden können.

Verstoß gegen die Verfassung

Das hat Justizkanzler Mikko Puumalainen, eine Art oberster Gesetzeshüter, wegen Verstoßes gegen die Verfassung und die Menschenrechtskonvention gestoppt. Eine solche Maßnahme wäre selbst mit dem novellierten „Grenzüberwachungsgesetz“, auf das die Regierung ihre Grenzschließungen jetzt stützt, nicht vereinbar gewesen. Dort wird ein solcher Schritt davon abhängig gemacht, dass Flüchtlingen nicht die realistische Möglichkeit genommen werden darf, in Finnland Schutz zu suchen.

Aber liegt die von diesem Gesetz geforderte „von Handlungen eines anderen Staats“ ausgehende ernste Gefahr für die Sicherheit Finnlands überhaupt vor? Moskau hatte Ende Oktober das bisherige Grenzübereinkommen mit Finnland aufgekündigt. Seither lassen die russischen Grenzbeamten auch Reisende passieren, die kein Schengen-Visum vorweisen können.

Das sprach sich in sozialen Medien schnell herum und Schlepper witterten gleich ein gutes Geschäft. Asylsuchende berichten, sie seien gegen entsprechende Bezahlung in die Nähe der Grenze transportiert und dort mit dem erforderlichen Fahrrad – Grenzübertritt zu Fuß ist nicht erlaubt – versorgt worden. Helsinki spricht in diesem Zusammenhang von einem von Moskau organisierten „Hybridangriff“. Dieser habe das Ziel, Finnland zu „destabilisieren“.

Martin Scheinin, Professor für Staats- und Völkerrecht an der Universität Turku, kritisiert die Reaktion der finnischen Regierung. Zum einen entbehre die Behauptung, einige Hundert Asylsuchende könnten das Land „destabilisieren“, jeder Grundlage. Diese würden auch nicht „illegal“ einreisen, sondern legal, indem sie an den Grenzstationen einen Asylantrag stellten.

Unnötige Panikmache

Russland verantwortlich zu machen, funktioniere ebenfalls nicht. Es sei nicht die Aufgabe der russischen Grenzbeamten, als eine Art unbezahlte Torwächter Finnland vor Asylsuchenden zu schützen. „Finnland muss sich selbst um seine Grenzen kümmern. Die russischen Behörden haben keine Verpflichtung, Menschen daran zu hindern, Russland zu verlassen“, so Scheinin.

Die Flüchtlingshilfsorganisation „Tutu“ warf der Regierung am Donnerstag unverantwortliche und unnötige Panikmache vor. Auch andere KritikerInnen vermuten, die Koalition, die laut Umfragen so unbeliebt ist wie kaum eine Regierung zuvor – nur ein Drittel der FinnInnen ist mit ihr zufrieden – versuche, mit Fremdenangst Stimmung zu machen.

„Wir Finnen haben ja die Tendenz, schnell fremdenfeindlich zu werden, wenn es solche Nachrichten gibt“, warnt der grüne EU-Abgeordnete Ville Niinistö. Die Wahren Finnen dürften genau darin eine Chance sehen, ihrer geschrumpften Anhängerschaft beweisen zu können, dass sie nicht umsonst in der Regierung sitzen.

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