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Finanzierung von Projekten für ArmeOhne Zinsen keine Mikrokredite

Mit niedrigen Kreditsummen hilft Oikocredit Menschen im globalen Süden. Doch das Geschäft wird wegen der Niedrigzinsen schwierig.

Kleinstkredite helfen armen Pakistanerinnen beim Aufbau einer eigenen Existenz Foto: imago-images/Thomas Koehler

Berlin taz | Der Markt für nachhaltige Geldanlagen wächst rasant. Was wie eine gute Nachricht klingt, kann für die Finanzierung von Projekten in armen Ländern zum Problem werden. Betroffen davon ist die Genossenschaft Oikocredit. Der Pionier der Mikrokreditszene wurde 1975 auf Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen in den Niederlanden gegründet, um mittels „ethischer Geldanlagen“ Entwicklungen im globalen Süden zu fördern.

Heute investieren weltweit über 50.000 Menschen und Organisationen bei der früheren „Ecumenical Development Cooperative Society“ (EDCS), die Hälfte davon aus Deutschland. „Ihnen sind nachhaltige, positive Veränderungen wichtiger als eine kurzfristige Rendite“, hoffen die GenossInnen.

Dabei reicht der Horizont der Hilfe über die Landwirtschaft hinaus. So investierte Oikocredit kürzlich rund drei Millionen Euro in den mexikanischen Studienkreditanbieter Laudex, der Kindern aus Haushalten mit mittlerem und niedrigem Einkommen ein Studium ermöglicht. „Bafög“ ist in Mexiko unbekannt. Insgesamt fördert der in Deutschland größte private Akteur in der globalen Entwicklungsfinanzierung mit rund einer Milliarde Euro soziale Unternehmen wie Mikrofinanzinstitute, die 36 Millionen Menschen in 70 Ländern helfen.

Deutschland-Chef Matthias Lehnert sieht Oikocredit aktuell von zwei besonderen „Herausforderungen“ geprüft. Da ist zunächst das allgemeine Niedrigzinsumfeld, welches eine „Herausforderung für den gesamten Finanzsektor, aber besonders für das Kreditgeschäft darstellt“. Das habe mittlerweile auch den globalen Süden erreicht.

Oikocredit finanziert sich hauptsächlich über Eigenkapital

Kredite machen jedoch 85 Prozent des Geschäftsvolumens von Oikocredit aus. Während Banken die niedrigen Kreditzinssätze an ihre Sparer weiterreichen können, finanziert sich Oikocredit hauptsächlich über Eigenkapital. Dieses stammte früher fast ausschließlich von Kirchen, heute zu über 80 Prozent von privaten Anlegern. Auf diese Zwickmühle reagierte Oikocredit im vergangenen Jahr und senkte die Dividende der Genossenschaftsanteile von 2 auf 1 Prozent. Nicht alle fanden dies gut.

Die allgemein niedrigen Zinssätze führen auch zu niedrigen Zinssätzen für Mikrokredite. Lehnert findet dies zwar grundsätzlich gut: „Sie helfen unseren Partnern.“ Dies erschwere aber Oikocredit unter anderem die Finanzierung ihrer 21 regionalen Büros in Ländern des globalen Südens, von Ghana bis Peru. Diese wählen die Unternehmen, in die Oikocredit investiert, nach vergleichsweise strengen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien aus. „Die entstehenden Kosten müssen wir aus den Zinserträgen decken“, betont Geschäftsführer Lehnert.

Mit den fallenden Zinsen seit der Finanzkrise stieg gleichzeitig das Angebot: Lokale Banken im globalen Süden, aber auch Global Player wie Schweizer Großbanken drängen in das Geschäft mit Mikrofinanzierungen. So will beispielsweise die Responsability Investments aus Zürich eine „positive Entwicklungswirkung“ erzielen und zugleich attraktive neue Märkte für Investoren erschließen. Die Aktiengesellschaft verwaltet mittlerweile ein Fondsvermögen von fast drei Milliarden Euro. Am anderen Ende der Hilfeskala wirken Altruisten wie Give Directly. Über die Wohltätigkeitsorganisation aus New York kann Geld direkt an bedürftige Menschen gespendet werden.

Die Kosten müssen wir aus Zinserträgen decken

Oikocredit-Chef Lehnert

Die wachsende kommerzielle und nichtkommerzielle Konkurrenz fordere seine in dieser Form einzigartige Organisation zusätzlich heraus, meint Oikocredit-Chef Lehnert. „Was ist der Mehrwert, den wir den Menschen bieten?“ Günstige Kredite alleine sind es offenkundig nicht mehr.

Lehnert will keinen Preis-, sondern einen Qualitätswettbewerb mit der Konkurrenz. Neben Finanzierung trainiert Oikocredit Menschen vor Ort. Solchen Mehrwert bieten konventionelle Finanzinstitute oder Spendenorganisationen meist nicht. So schult Oikocredit beispielsweise in Mittel- und Südamerika Genossenschaftsbauern, damit sie besser mit dem Auf und Ab der Weltmarktpreise für Kaffee klarkommen.

Unumstritten ist der Nutzen von Mikrokrediten, für die Muhammad Yunus noch 2006 den Friedensnobelpreis erhielt, heute unter Fachleuten nicht mehr. Oikocredit bekommt allerdings für seinen umfassenderen Ansatz Lob von ganz oben gespendet: Kleinbauern in Lateinamerika, Asien und Afrika fänden dadurch eine berufliche Existenz und könnten in Würde leben, lobte der bayerische Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm kürzlich auf einer Veranstaltung in Nürnberg.

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3 Kommentare

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  • Mikrokredit, giftig schöner Schein deregulierten Weltarbeitsmarktes?

    Entfaltet globales Mikrokreditwesen, dank 40 spendabler Milliardäre aus den USA mit dem befeuernden Einsatz der Finanzkraft von nahezu sechshundert Milliarden US-$, den giftig strahlend schönen Schein eines fundamental deregulierten Weltarbeitsmarktes?

    Vermögende in den USA, wie 40 Milliardäre, die 50 % ihres Vermögens stiften, tun dies auch aus dunklen Gründen, die einem einzigen Motiv genährt?, der Erbschaftssteuer in den USA durch die Einlagen in oder Gründung von Stiftungen zu entgehen.

    Was so in den USA möglich, ist in Deutschland in Sachen Erbschaftssteuer unmöglich, auch wenn die Vermögenssteuer wg BVG Urteil 1997 zur Ungleichbehandlung von eigenschaftslosem Kapital- , ganz eigenem Grund und Boden- , Immobilienvermögen, auf Eis gelegt wurde.

    Die Idee, mit Mikrokrediten Armut in der Welt zu bekämpfen, errang 2006 Krönung durch Verleihung Friedens- Nobelpreises an den Ökonomen Muhammad Yunus und die von ihm gegründete Grameen Bank aus Bangladesch.

    Die Mikrokredit Nobelpreis- Idee basiert auf Annahme, dass nicht nur Vermögende, die Sicherheiten bieten, Kredite erhalten, unternehmerisch tätig werden zu können, sondern auch Arme, denen es an kapitaler Sicherheiten fehlt, als kreditwürdige Kunden behandelt zu werden.

    Inzwischen sind Globalplayer im Weltfinanzsektor, wie die Citibank/USA, die Allianz Versicherungsgruppe aus Deutschland, längst in das Mikrokreditgeschäft im Welt- Maßstab

    Sei es als Vorfinanzierer lokaler Mikrokreditinstitute, sei es als Teilhaber solcher Mikrokreditinstitute wie SKS Microfinance/India.



    Schuldner ist oft Frauen Gruppe, die auf Druck der Mikrokreditinstitute dereguliert „Kreditaufnahmegemeinschaft gegenseitiger Haftung“(KGagH) gründen.

    Lt. Presseberichten, ist es dabei zu sozialen Tragödien Tausender Suizide, allein in Indien, gekommen.

    www.freitag.de/aut...s-regierungskredit

  • Was hat dieser Artikel denn mit Gerechtigkeit zu tun?



    Anleger stellen ihr Geld für Finanzierungen zur Verfügung, es gibt eine Organisation die das verwaltet und Kredite vergibt aber auch jede Menge Kosten verursacht. Und um das Ganze "schmackhaft" und politisch korrekt zu gestalten, gibt es neben Krediten noch ein paar Schulungen und gute Ratschläge. Das Ganze wird dann noch von der kirchlichen Obrigkeit "geweiht" und gelobt.

  • Wenn es mehr internationale Entwicklungszusammenarbeit gäbe und das 0,7 %-Ziel von 1970 (Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfegelder am BIP der Industrieländer. Ein Ziel, das im Wesentlichen nur die skandinavischen Länder erfüllen), wenn das Wohlstandsgefälle in armen Ländern durch stärkere Besteuerung und bessere Sozialpolitik reduziert würde, bräuchte man diese ausgefeilten Finanzhilfen nicht.



    Interessiert sich außer Jean Ziegler und einer Handvoll Anderer eigentlich noch irgendjemand für Gerechtigkeit? Dann sollten diese Leute dies mal wieder zeigen!