Filmabend mit Enteignungsaktivisten: Müde Revolutionäre im Kino
Immer wieder montags zeigt das Acud-Kino einen Film zum Thema Verdrängung. Diese Woche waren Enteignungsaktivisten zum Gespräch mit dabei.
Jeden zweiten Montag im Monat zeigt das Acud-Kino einen Film zum Thema Verdrängung. „Push“ folgt Leilani Farha, der UN-Sonderberichterstatterin für das Menschenrecht auf Wohnen. In allen kapitalgetriebenen Industriestaaten, von den USA bis Südkorea, findet Farha verdrängte Mieterinnen, leerstehende Wohnviertel und zu Spekulationsobjekten verkümmerte Lebenswelten. Der Film ist 2019 erschienen und in Berlin unterhält sich Farha so noch mit dem damaligen Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Fast wehmütig lachen die ZuschauerInnen im Kino und nehmen später auf ihn und den damals anstehenden Mietendeckel Bezug. „Das sei eine gute Zeit gewesen, in der es Hoffnung gab“, sagt eine.
Heute sieht es anders aus: Die meisten ZuschauerInnen sind frustriert. Fast 60 Prozent haben sie im Volksentscheid erreicht und trotzdem wurde das Vergesellschaftungsvorhaben auf die lange Bank geschoben. Sie sind wütend auf die Linke, die die Enteignung nicht zur unumstößlichen Bedingung für die Koalition gemacht hat. Und sie erzählen, wie schwierig es gewesen sei, die Leute zu mobilisieren, von denen viele schon lange nicht mehr wählen gehen. „Ich glaube nicht, dass wir das noch einmal hinkriegen. Die denken doch jetzt, es bringt eh nichts“, meldet sich eine Frau mit roten Haaren zu Wort. „Tut es ja auch nicht!“, rufen Leute aus dem Publikum.
Die Begeisterung über die Kommission, die jetzt ein verfassungsmäßiges Enteignungsgesetz prüfen soll, hält sich gelinde gesagt in Grenzen. Franziska Brychcy hatte bei den letzten Treffen dafür geworben, dass sich die Initiative an der Kommission beteiligt. Es sei eine einmalige Chance, mitzugestalten, meint sie auch jetzt noch. Rouzbeh Taheri sieht das kritischer: Zwei Verfassungsrechtlerinnen und eine Geografin hat „Deutsche Wohnen enteignen“ in das Gremium entsendet. Dadurch sei es eine reine ExpertInnenkommission geworden. Ohne jemanden, der die Realität der Berliner Mieterinnen vor Ort kennt: „So hat die Juristerei das Ganze entpolitisiert.“
Die meisten Anwesenden stimmen ihm zu. Sie fürchten, die Initiative würde durch ihren Platz am Tisch den Druck von außen nicht aufrechterhalten können. Genau das sei aber dringend notwendig. Da sind sich Taheri und Brychcy einig. Vor allem Letztere ruft immer wieder dazu auf, dieses Jahr immer weiter auf die Straße zu gehen. Nur so habe die Linke in der Regierung genügend Druck, um das Enteignungsgesetz auf den Weg zu bringen. Aber auch andere wie die Regierende Bürgermeisterin müssten in den Blick genommen werden. „Giffey muss damit rechnen, dass sie überall, wo sie auftaucht, an die Entscheidung der Berlinerinnen erinnert wird, die sie ignoriert“, sagt Taheri. „Mal sehen, ob sie das fünf Jahre durchhält.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!