Film zu Duisburger Mafiamorden: Kindisch auf Bullen schimpfen

Die italienische RAI versucht sich an der filmischen Umsetzung der Ermittlungen rund um das Mafia-Massaker – und scheitert auf peinliche Weise.

Polizist in San Luca, Kalabrien

Blick auf das echte San Luca, wo angeblich nicht gedreht werden konnte Foto: dpa

Ein Polizist am Meer, der mit seiner hochschwangeren Frau und seinem kleinen Sohnemann endlich ein paar entspannte Urlaubstage genießt: So beginnt der Film „Duisburg Linea di sangue“ (Duisburg Spur des Blutes), den Italiens Staatssender RAI produzierte und am Mittwoch ausstrahlte.

Natürlich kann das Idyll nicht lange halten, das weiß dank des Titels auch ein italienischer Zuschauer. Kaum jemand südlich der Alpen wusste bis zum Jahr 2007 etwas mit „Duisburg“ anzufangen, doch das änderte sich mit einem Schlag mit dem 15. August jenes Jahres: mit dem Massaker, bei dem vor dem Restaurant „Da Bruno“ nächtens sechs Italiener erschossen wurden. Der jüngste von ihnen war 16, der älteste – der Inhaber des Ladens – 39 Jahre alt. Drei von ihnen stammten aus dem kalabrischen Nest San Luca, und auch die anderen waren Kalabresen.

Ein Blutbad vom Kaliber des Valentinstagsmassakers in Chicago 1929, eine Gewaltorgie, die Italien, Deutschland, ja ganz Europa schockierte: Das ist allemal Stoff für einen Film.

Die RAI nähert sich dem Stoff, indem sie zwei Polizisten – einen Italiener, einen Deutschen – auf die Jagd nach den Tätern schickt. Der eine, Michele Battaglia, muss seinen Badeurlaub unterbrechen und den gerade geangelten Tintenfisch beiseitelegen, um ins Flugzeug nach Düsseldorf zu steigen. Dort trifft er dann den anderen, seinen Kollegen Thomas Block aus Duisburg. Der kann zwar Italienisch, weil er mit einer Italienerin verheiratet war, ansonsten sind die beiden einander durch gegenseitiges Misstrauen und herzliche Abneigung verbunden.

Drohungen in Kalabrien

Schnell geht es für die zwei auf Reise. Sie vermuten die Täter in San Luca, einem Dorf, das zugleich so etwas wie die Hauptstadt der 'Ndrangheta ist, der mächtigen kalabrischen Mafia. Drehen konnte die RAI am Originalschauplatz allerdings nicht. Schon im Vorfeld habe es Drohbriefe gegeben, heißt es aus dem Sender, der deshalb ins apulische Peschici auswich. Vor Ort in San Luca, wo demnächst nach Jahren der staatlichen Zwangsverwaltung wegen Unterwanderung durch die Ndrangheta wieder demokratische Wahlen stattfinden sollen, bestreitet man allerdings diese Drohungen.

Als die Fahnder eintreffen, sind die Täter allerdings schon ausgeflogen, bloß ihre beiden Frauen und deren kleinen Söhne sind im Haus, und auf dem Tisch steht ein Laptop – er zeigt den Fahndungsaufruf nach den zwei Mordverdächtigen. Etwas plump wird so illustriert, dass die deutsche Polizei von Mafia keine Ahnung hat – Battaglia kann nur den Kopf schütteln, Block antwortet naiv, „das machen wir in Deutschland immer so“.

Gottseidank sind auch die Mafiabräute nicht die hellsten. Sie beschließen, ihren Männern, die sich nach Holland abgesetzt haben, hinterher zu reisen und dabei auch noch ihre kleinen Söhne mitzunehmen. So geht es weiter quer durch Europa, erst mit dem Fernbus nach Rom, dort per PKW in die Niederlande.

Und die Polizisten? Sie reden und reden – damit auch der Zuschauer ein wenig im Bild ist über die 'Ndrangheta. Battaglia erklärt Block, der selbst wohl noch nie einen Mafiafilm gesehen hat, zum Beispiel ziemlich umständlich, was eine Blutfehde ist.

Film abgesoffen

Das ist auch dringend nötig, weil der Film selbst in seiner Handlung nie in die Untiefen der Mafiaorganisation eintaucht. Sie kürzt sich zusammen auf zwei eingebildete Killer und deren ebenso aufgetakelte wie arrogante Bräute. Dazu kommen die Söhne. Die kleinen Stöpsel allein dürfen – auch wieder nur per Gerede – dem Zuschauer ein Stück Mafiamentalität beibiegen, indem sie laufend auf die „sbirri“, die Scheißbullen schimpfen. Das Gegenbild ist der Sohn des Polizisten; als Sohn eines „sbirro“ hatte er sich schon zu Beginn des Films am Strand eine blutige Nase geholt, ist aber dann sichtlich stolz auf seinen Papa.

Am Ende werden die Bösewichte gefasst – und die RAI hat eine Chance völlig vertan. Für Mafiafilme liegt die Latte mittlerweile ziemlich hoch, die Serien Gomorrha oder Suburra unternehmen es, die Zuschauer in die Geschäfte ebenso wie in die Gedanken der Bosse einzuführen. Keine Spur davon bei „Duisburg Spur des Blutes“. In der letzten Szene darf Kommissar Battaglia wieder baden gehen, samt Kollege Block. Da allerdings ist der Film schon lange abgesoffen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.