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Feuerkatastrophe in KalifornienSorge über Auswirkungen der Brände in LA auf das nahe Meer

Nach der Feuerkatastrophe in Kalifornien ist das Schadensausmaß im Ozean noch unbekannt. Doch die Asche enthält Schadstoffe, die in den Pazifik gelangen.

Strand von Malibu in einer Luftaufnahme vom 16. Januar Foto: Jae C. Hong/ap

Los Angeles ap | Vor einigen Tagen fuhr die kalifornische Umweltaktivistin Tracy Quinn den Pacific Coast Highway entlang. Sie wollte die Schäden begutachten, die die jüngsten verheerenden Brände in Los Angeles an der Küste angerichtet hatten. „Es war einfach herzzerreißend“, sagt Quinn, die Präsidentin der Umweltorganisation Heal the Bay, über den Anblick, der sich ihr bot: Die Wasserlinie war von Asche verdunkelt.

Verbrannte Überreste von Waschmaschinen, Trocknern und Metallgeräten lagen an der Küste verstreut, fauliger Schlamm bedeckte das Ufer. Bei Flut schwappten die Wellen auf verkohlte Häuser und spülten Schutt und potenziell giftige Asche ins Meer. Das Team von Heal the Bay fand Asche und Ablagerungen noch rund 40 Kilometer südlich des Brandgebiets von Pacific Palisades.

Während Einsatzkräfte daran arbeiten, Hunderttausende Tonnen gefährlicher Materialien aus der verwüsteten Region zu entfernen, versuchen Forscher und Behörden einzuschätzen, wie sich die Brände an Land auf das Meer ausgewirkt haben. Die Feuer in Palisades und Eaton haben Tausende Häuser, Geschäfte und Autos verbrannt und Alltagsgegenstände in eine gefährliche Asche aus Pestiziden, Asbest, Kunststoffen, Blei, Schwermetallen und anderem verwandelt. Da ein Großteil davon in den Pazifik gelangen könnte, herrscht Besorgnis über die Auswirkungen der Brände auf das Leben unter der Meeresoberfläche. Vieles ist unbekannt. „Wir haben noch nie eine solche Konzentration von Häusern und Gebäuden gesehen, die so nah am Wasser brennen“, sagt Quinn.

Brandschutt und potenziell giftige Asche könnten Surfer und Schwimmer gefährden, insbesondere nach Regenfällen, die Chemikalien, Müll und andere Gefahrenstoffe ins Meer transportieren können. Längerfristig machen sich Wissenschaftler Sorgen, ob und wie sich die verkohlten Schadstoffe aus dem urbanen Raum auf die Lebensmittelversorgung auswirken werden. Der atmosphärische Fluss – eine feuchte Luftströmung – und die Schlammlawinen, die vergangene Woche die Region Los Angeles trafen, haben einige dieser Befürchtungen noch verstärkt.

Asche weit im Meer entdeckt

Als die Brände im Januar ausbrachen, war eine der ersten Sorgen von Mara Dias die Verunreinigung des Meerwassers. Starke Winde hätten Rauch und Asche weit über die Brandgebiete hinausgetragen, bevor sie auf dem Meer niedergingen, sagt die Managerin für Wasserqualität der Surfrider Foundation, einer gemeinnützigen Umweltorganisation. Wissenschaftler, die sich während der Brände an Bord eines Forschungsschiffes befanden, entdeckten Asche und Abfallprodukte auf dem Wasser in bis zu 160 Kilometern Entfernung von der Küste, sagt die Meeresökologin Julie Dinasquet von der University of California in San Diego. Dinge wie Zweige und Scherben etwa. Die Wissenschaftler hätten den Geruch als brennende Elektronik beschrieben, „nicht wie ein schönes Lagerfeuer“.

Auch die Abflüsse von Regenfällen sind ein unmittelbares Problem. Die Niederschläge nehmen Schadstoffe und Abfälle auf und spülen sie über ein Netz von Kanälen und Flüssen ins Meer. Diese Abflüsse könnten eine Menge Nährstoffe, Stickstoff und Phosphat enthalten, die in der Asche des verbrannten Materials landen und ins Wasser gelangen können, sagt Expertin Dias. Auch Schwermetalle und so genannte PAK – polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe mit problematischen Eigenschaften für Mensch und Umwelt –, die bei Verbrennungsprozessen freigesetzt werden, könnten so ins Wasser gelangen.

Schlammlawinen und Ströme von Brandschutt aus der Zone des Palisades-Feuers können ebenfalls gefährliche Abfälle in den Ozean leiten. Nach Bränden ist der Boden dort weniger gut in der Lage, Niederschläge zu absorbieren, und es kann sich eine Schicht bilden, die das Wasser abweist. Wenn es weniger organisches Material gibt, das den Boden an Ort und Stelle hält, steigt das Risiko von Schlammlawinen und Muren.

Mitarbeiter des Bezirks Los Angeles haben mit Hilfe anderer Behörden Tausende Meter Betonbarrieren, Sandsackwälle und Ähnliches errichtet, um zu verhindern, dass Brandschutt an die Strände gelangt. Die Aufsicht über den Regierungsbezirk von Los Angeles hat zudem vor kurzem einen Antrag auf staatliche und bundesstaatliche Unterstützung für die Ausweitung der Strandsäuberungen, die Vorbereitung auf den Abfluss von Regenwasser und die Untersuchung des Meerwassers auf mögliche Giftstoffe und Chemikalien verabschiedet.

Behörden testen auf Blei und Arsen

Über die üblichen Proben hinaus testen die staatlichen Wasserbehörden und andere Stellen unter anderem auf gelöste Metalle wie Arsen, Blei und Aluminium sowie flüchtige organische Verbindungen. Sie nehmen auch Proben bezüglich Mikroplastik, für Menschen und Wasserlebewesen schädliche PAK und polychlorierte Biphenyle (PCB), eine Gruppe künstlich hergestellter Chemikalien, die bei Tieren Krebs und andere schwerwiegende Gesundheitsschäden verursachen. Sie wurden in Produkten wie Pigmenten, Farben und Elektrogeräten verwendet und dürfen inzwischen nicht mehr hergestellt werden.

Die Gesundheitsbehörden des Bezirks erklärten, dass chemische Tests der Wasserproben im Januar keinen Anlass für Gesundheitsbedenken gaben. Die Sperrung eines Strandes wurde daher in einen Hinweis umgewandelt. Den Strandbesuchern wurde weiterhin geraten, nicht ins Wasser zu gehen.

Meeresökologin Dinasquet und ihre Kolleginnen und Kollegen arbeiten daran, zu verstehen, wie weit sich potenziell giftige Asche und Brandschutt über den Ozean verteilt haben, wie tief und wie schnell sie gesunken sind und wo sie im Lauf der Zeit landen. Waldbrände können wichtige Nährstoffe wie Eisen und Stickstoff in das Ökosystem des Ozeans eintragen und das Wachstum des Phytoplanktons ankurbeln, was einen positiven Kaskadeneffekt im gesamten Ökosystem auslösen kann. Doch die potenziell giftige Asche aus städtischen Flächenbränden an der Küste könnte schlimme Folgen haben, sagt Dinasquet.

„Berichte zeigen bereits, dass die Asche viel Blei und Asbest enthält“, fügt sie hinzu. „Das ist wirklich schlecht für Menschen und deshalb wahrscheinlich auch sehr schlecht für die Meeresorganismen.“

Eine große Sorge ist, dass giftige Schadstoffe aus dem Feuer in die Nahrungskette gelangen könnten. Fachleute planen, Gewebeteile von Fischen auf Anzeichen von Schwermetallen und Schadstoffen zu untersuchen. Es werde jedoch eine Weile dauern, bis klar sei, wie sich ein Großbrand in einer Stadt auf das gesamte Ökosystem und die Lebensmittelversorgung auswirke, erklären sie.

Dias merkt an, dass der Ozean schon seit langem Schadstoffe vom Land aufnehme, aber durch Brände und andere Katastrophen „wird alles verstärkt, und die Situation ist noch schlimmer“.

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2 Kommentare

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  • very interesting

  • Nächste Serie von dort: Two and a half degrees.