Festnahmen bei LGBT-Protest in Polen: Regenbogen am Kulturpalast
Am Freitag wurden in Warschau 48 Personen wegen Protesten gegen Homophobie festgenommen. Das führte zu neuen Protesten.

Am Samstag protestieren erneut mehrere tausend Menschen in der polnischen Hauptstadt mit Regenbogenfahnen und -schirmen – jetzt auch für die Freilassung der am Vortag Festgenommenen.
Denn allen ist klar, dass die homophobe Hetze von Regierung, Präsident und katholischer Kirche Polens nach Dudas knappem Wahlssieg nicht vorbei ist. Jetzt sollen Angehörige von Polens LGBT-Bewegung kriminalisiert und ins Gefängnis gesteckt werden. Die englische Abkürzung LGBT steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender.
„Für Margot ist es das Schlimmste, was sie ihr antun konnten: das Gericht wies sie für zwei Monate in einen Männerarrest ein“, sagt eine Warschauer LGBT-Aktivistin, die nicht mit Namen genannt werden will. „Niemand von uns weiß, wo sie ist, was sie gerade durchmacht und was überhaupt die Vorwürfe sind.“
Duda sieht religiöse Gefühle verletzt
Angeblich, so hieß es zunächst, solle Margot Sz., die sich als nicht-binär definiert, letzte Woche mit anderen Aktivisten einige markante Denkmäler in Warschau mit Regenbogenfahnen behängt haben – darunter auch die Jesus-Statue vor der Heilig-Kreuz-Kirche an der Krakauer Vorstadt-Straße in Warschau.
Polens Präsident Duda meint, dass damit die „religiösen Gefühle“ vieler Menschen beleidigt worden seien. Aber dafür zwei Monate Arrest in einem Untersuchungsgefängnis?
Als Duda selbst im Wahlkampf gegen LGBT hetzte („Man versucht uns einzureden, dass dies Menschen seien, aber dies ist ganz einfach eine Ideologie“), stand die Polizei nicht bereit, um ihn abzuführen.
Und auch als ein hochrangiger Politiker einen Schwulen zum „Untermenschen“ degradierte oder der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski in einer Hetzpredigt vor der „Regenbogen-Seuche“ warnte, reagierte kein Staatsanwalt
Nachgeschobene Begründung
Doch als jetzt die Richtervereinigung Iustitia nachhakte, ob der zweimonatige Arrest für das Aufhängen einer Regenbogenfahne nicht unangemessen sei, hieß es plötzlich, Sz. werde Sachbeschädigung vorgeworfen.
Sie soll vor Wochen schon einen Lieferwagen demoliert haben, der mit homophoben Sprüchen beschriftet war. Die Polizei hatte an dem Wagen, der sexuelle Minderheiten auf Gröbste beleidigte, nichts auszusetzen. Vielmehr soll Sz. jetzt wegen Sachbeschädigung angeklagt werden.
Was den festgenommenen 48 Demonstranten vorgeworfen wird, ist noch nicht bekannt. Doch soll dieses Mal auch das brutale Vorgehen der Polizei ein Nachspiel haben. Das kündigte nicht nur Polens Ombudsman Adam Bodnar an, sondern wünschen auch viele Eltern, die Freitagnacht von Kommissariat zu Kommissariat fuhren, um ihre verhafteten Kinder zu finden.
Justizminister Zbigniew Ziobro stellte sich hinter die Polizei. Bei den Festgenommenen handle es sich um „Banditen“.
🏳️⚧️ SHANTAY. YOU PAY. 🏳️🌈
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme. Frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Alle Informationen auf unserer Webseite sind kostenlos verfügbar. Wer es sich aber leisten kann, darf einen kleinen Beitrag leisten. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frankreich zu Palästinenserstaat
Macron kündigt Anerkennung Palästinas im September an
Gaza-Tagebuch
Was eine fünfköpfige Familie an einem Tag isst
Ob Männer- oder Frauenfußball
Deutscher Nationalstolz ist immer gefährlich
Rechte Heilpraktiker*innen
In der braunen Ecke der Pseudomedizin
CSDs und die Mehrheitsgesellschaft
Queere Menschen machen es vor
Israels Kriegsverbrechen in Gaza
Die Banalität des deutschen Nichtstuns