Festival of Lights und Fotos: Kein Fall der Panoramafreiheit
Die Journalistengewerkschaft dju protestiert gegen Einschränkungen beim Berliner Lichtkunstfestival. Damit liegt sie nur teilweise richtig.

Sind Fotos von den Lichtinstallationen des Berliner Festival of Lights lizenzfrei möglich? Darüber streitet die Journalistengewerkschaft dju (die zu verdi gehört) mit den Veranstaltern.
Ihr Verweis auf die Panaoramafreiheit überzeugt aber nicht, denn die Lichtinstallationen sind keine "bleibenden" Werke. Presse-Fotografen dürfen die Licht-Kunstwerke aber für aktuelle Berichterstattung aufnehmen.
Am Mittwoch begann in Berlin das jährliche Festival of Lights. An rund 40 markanten Orten vom Fernsehturm bis zum Berliner Dom projizieren Lichtkünstler ihre Kreationen auf die Fassaden. Das Festival verlangt keinen Eintritt, sondern finanziert sich über Sponsor:innen, Unterstützer:innen und Lizenznehmer:innen.
Nach Angaben der Journalistengewerkschaft dju gibt es in diesem Jahr erstmals Einschränkungen für Fotografen. So heißt es in den FAQ des Festivals, dass nur "Hobbyfotograf:innen" die Lichtinstallationen "zur nicht-kommerziellen Nutzung" aufnehmen und auf social media präsentieren können. Für andere Fotograf:innen ist augenscheinlich eine "Lizenzierung durch den Veranstalter" erforderlich.
Verweis auf den Christo-Reichstag
Hiergegen hat die dju-Geschäftsführerin Danica Bensmail protestiert. Dies sei ein "unrechtmäßiger" Eingriff in die Pressefreiheit. Bensmail beruft sich dabei auf die gesetzlich geregelte Panoramafreiheit (Paragraf 59 Urheberrechtsgesetz). Bensmail schreibt: "Danach dürfen Bauwerke und Werke, die von öffentlichen Straßen und Plätzen sichtbar sind, fotografiert und veröffentlicht werden. Das gilt auch für Lichtinstallationen auf Fassaden."
Was Bensmail übersieht oder ignoriert: Die Panoramafreiheit gilt laut Gesetz nur für "bleibende" Werke, zum Beispiel für eine Skulptur, die dauerhaft auf einem Platz steht. Hier können Fotograf:innen sowohl den Platz mit Skulptur oder auch nur die Skulptur ohne Erlaubnis der Künstler:in aufnehmen und die Fotos verwerten.
Das Festival of Light betont aber, dass es sich als "temporäre Kunstaktion" versteht. Und das liegt auch auf der Hand, die Projektionen sind ja auf eine Woche begrenzt.
Die Rechtsprechung ist hier eindeutig. Dass bei temporären Ausstellungen oder Installationen die Panoramafreiheit nicht gilt, hat der Bundesgerichtshof bereits 2002 im Fall des "verhüllten Reichstags" entschieden.
Aktuelle Berichterstattung nicht betroffen
Damals finanzierte das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude seine Aktion durch den Verkauf von Modellen und Fotos. Das Paar ging deshalb gegen einen Hersteller von Postkarten mit dem verhüllten Reichstag vor, der keine Lizenz erworben hatte. Der BGH entschied, dass hier wegen der nur temporären Installation kein Fall der Panoramafreiheit vorliegt, die Postkarten also illegal waren.
Fotograf:innen, die ihre Aufnahmen vom Festival of Lights an Postkartenhersteller und Kunstverlage verkaufen wollen, müssen hierfür also eine Lizenz erwerben.
Anders sieht es aber bei der aktuellen Berichterstattung über das Festival aus. Hierfür gibt es im Gesetz eine spezielle Erlaubnis (Paragraf 50), die nichts mit der Panoramafreiheit zu tun hat. Ein journalistischer Bericht über die Eröffnung des Festivals oder dessen Entwicklung darf durchaus mit lizenzfreien Fotos bebildert werden.
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