Feminismus beim Kirchentag: Und sie sah, dass es gut war

Bei den Protestanten wird auch feministische Theologie verhandelt. Viele Frauen fühlen sich Gott durch gendergerechte Sprache näher.

Drei junge Frauen beim Kirchentag mit einem Schal in der Hand

Frauen in der Gotteserfahrung sichtbarer machen, das ist eins der Ziele feministischer Theologie Foto: dpa

Feministische Themen werden auch im Christentum verhandelt – das hat der diesjährige Evangelische Kirchentag bestätigt. So fanden in den vergangenen Tagen in Dortmund Veranstaltungen rund um das Thema „Feministische Theologie“ statt. Die Denkrichtung, die ihren historischen Ursprung in der Frauenrechtsbewegung und in den 1970er Jahren hat, möchte mittels Frauenperspektiven alte Strukturen im Christentum überdenken. Zuletzt wurde der Theologische Feminismus der Kategorie Gender geöffnet.

Hanna Jacobs ist 30 Jahre alt, Journalistin und Pfarrerin in Essen und erklärt: „Feministische Theologie bedeutet für mich zweierlei: Zum einen, Frauen und ihre Gotteserfahrung sichtbar zu machen, in der Bibel und in der Geschichte des Christentums. Zum anderen geht feministische Theologie von einem Gottesbild aus, das weibliche und männliche Züge hat, sich darin aber nicht erschöpft. Gott ist non-binär.“

Auf dieser Grundlage wurde im Jahr 2007 erstmals die Bibel in gerechter Sprache herausgegeben, ein Werk also, das auf klassisch-männliche Formulierungen für Gott verzichtet und stattdessen Er/Sie oder auch der/die Lebendige anbietet. Für viele der theologischen FeministInnen ist die Bibel in gerechter Sprache längst zum Standardwerk der Bibelarbeit geworden.

So erzählt eine junge Frau, die im Rahmen des Kirchentags einen theologisch-feministischen Workshop anbietet, aber aufgrund von erfahrener Gewaltandrohung im Netz an dieser Stelle lieber anonym bleiben möchte: „Wir arbeiten in unserer evangelischen StudentInnengemeinde mit keiner anderen Bibelübersetzung mehr.“

Kirchentage unter evangelischen ChristInnen heißt: Ernst zu nehmen, was dort verhandelt, erörtert, begrübelt und was direkt zur Sprache gebracht wird.

In Dortmund stehen Themen wie Migration, Feminismus, Klima und Umwelt im Mittelpunkt. Typische taz-Themen also.

Deshalb begleiten wir den Kirchentag auch: vor Ort und mit vier täglichen Sonderseiten in der Zeitung. Die taz Panter Stiftung hat dafür 9 junge JournalistInnen ins Ruhrgebiet geschickt.

Für sie sei der Theologische Feminismus auch etwas sehr Persönliches, etwas, das sie in ihrem Glauben bestärkt. „Was ich in den biblischen Texten lese, bleibt schlussendlich mir überlassen.“ Die junge Frau erzählt weiter, dass sie – trotz einer fehlenden gendergerechter Variante – weiterhin das Vaterunser betet, denn „dabei stelle ich mir immer vor, wie vielen Frauen diese Worte schon über die Lippen gegangen sind“. Dadurch fühle sie sich all den Frauen dann noch verbundener.

Feminismus vor Religion

Die gleichzeitige praktische Ausrichtung des Theologischen Feminismus wird auch in der Podiumsdiskussion „Vernetzt_feministisch_religiös“ thematisiert, bei der fünf NetzaktivistInnen zu Wort kommen. Unter den PodiumsteilnehmerInnen ist auch Antje Schrupp, die sich als Journalistin und Politologin theologisch-feministischen Themen widmet. Für sie ist vor allem das Internet ein wichtiger Ort Feministischer Theologie, denn durch feministische Blogs und Netzaktivitäten konnten sich „feministische AktivistInnen ab den 90ern besser und leichter zusammenfinden“.

Dass auch innerhalb des religiösen Feminismus eine große Diversität existiert, sei naheliegend und „auch richtig so“, resümiert Antje Schrupp. Und während unter anderem eine Muslima, eine Jüdin und eine Christin sich über das Thema feministische Netzpolitik austauschen, gerät die jeweilige Glaubensrichtung fast vollends in den Hintergrund.

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