Felix Zwayer und der Streit mit dem BVB: Rechnung fürs lange Schweigen
BVB-Boss Watzke möchte jetzt doch mit Schiri Zwayer reden. Der klagte zuletzt über Hassnachrichten. Diese sind aber auch Resultat der Schweigekultur.
N un wird also gesprochen. Nach fast zwei Monaten Konflikt hat Borussia-Dortmund-Chef Hans-Joachim Watzke angekündigt, mit dem umstrittenen Fußballschiedsrichter Felix Zwayer telefonieren zu wollen, auf dessen ausdrücklichen Wunsch und nachdem dieser seine schlechte psychische Verfassung offengelegt hatte.
Zwayer hatte beim Spitzenspiel Dortmund gegen Bayern Anfang Dezember einige eklatante Fehlentscheidungen getroffen und war vom Spieler Jude Bellingham der Bestechlichkeit beschuldigt worden. Mit Verweis auf Tatsachen: 2004 war Zwayer Assistent des Skandalschiris Robert Hoyzer. Der DFB urteilte, dass auch Zwayer damals 300 Euro annahm und Hoyzers Manipulationen verschwieg, bevor er bei der Aufklärung kooperierte.
Doch machte der Verband das Urteil nicht öffentlich und förderte Zwayer – der bestreitet, Geld angenommen zu haben – massiv. Ein systematisches Unter-den-Teppich-Kehren und eine fast unmögliche Hypothek für eine Karriere. Die Rechnung für 18 Jahre Schweigen kommt nun verspätet auf den Tisch. Täter und Opfer sind dabei nicht trennscharf. Zwayer berichtet von Beleidigungen, verbalen Angriffen und einer Morddrohung seit dem Spitzenspiel: „Ich bin belastet. Mental und psychisch.“ Es sei angesichts des Drucks unklar, ob er auf den Fußballplatz zurückkehren würde.
Schweigekultur
Die Drohungen sind Ausdruck einer Kultur im Fußball, die es nicht geben darf, auch nicht gegen einen, der sich vor 18 Jahren laut Urteil schuldig gemacht hat. Aber sie sind auch Ursache der Schweigekultur Felix Zwayers und des Verbands, die eine ehrliche Aufklärung stets blockierten. „Wer einmal Geld angenommen hat, sollte keinen Profifußball mehr pfeifen“, sagte Ex-Schiri Manuel Gräfe noch im Sommer über Zwayer.
Vielleicht hätte 2005 noch eine offene Debatte helfen können; nach so vielen Jahren und erst recht der Causa Bellingham aber wird das Thema immer weiter schwelen. Zwayer sollte im eigenen Interesse die Pfeife ablegen. Schiri-Boss Lutz Michael Fröhlich dagegen schlug kürzlich vor, Zwayer solle erst mal keine BVB-Partien mehr leiten, bis sich alle beruhigt haben. Lieber nicht reden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül