Feier zum 3. Oktober in Frankfurt: Gigantismus in der Bankenstadt
Schlaaaaaand! Die Einheitsfeier findet in Frankfurt statt. Das Motto: „Grenzen überwinden“. Linke Gruppen rufen zu Gegenveranstaltungen auf.
„Das unverkrampfte Verhältnis zum Nationalgefühl, das wir bereits bei der Fußball-WM 2006 erleben konnten, soll zur Einheitsfeier wieder aufleben“, sagte der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Und das schon vor im November vor einem Jahr. Und präsentierte eine schwarz-rot-goldene Glühweintasse.
Das 25-Jahre-Fest, das sich der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) auf die Fahne geschrieben hat, spart nicht an Gigantismus: Es soll die größte Einheitsfeier bis dato werden. Russlands Expräsident Michail Gorbatschow soll kommen, auch Exbundeskanzler Helmut Kohl. Kanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck sind sowieso da. Bis eineinhalb Millionen BesucherInnen werden erwartet. Mit so einer Veranstaltung würde Wiesbaden, als hessische Landeshauptstadt eigentlich prädestiniert, aus allen Nähten platzen – so entschied man sich für Frankfurt.
Mit dem Motto „Grenzen überwinden“ soll das Flüchtlingsthema aufgriffen werden. Merkel hat 30 geflüchtete Frauen und Männer eingeladen, ein Willkommenszelt wird aufgestellt.
Die Innenstadt ist an den drei Tagen für Autos gesperrt. Das „Bürgerprogramm“ wirbt mit „nationalen Sängern“ wie Sarah Connor und Cro. Connor war mit einer Eigeninterpretation der Nationalhymne früher in die Kritik geraten. Die Installation „Jahresringe“ auf dem Paulsplatz zeigt die deutsche Geschichte nach der Wende. Hierfür musste allerdings ein anderes Detail der deutschen Historie weichen. Stoffbinden, die an die Insassen des Frankfurter KZ Katzbach erinnerten, mussten entfernt werden.
Die 16 Bundesländer präsentieren sich mit eigenen Büdchen.
Verschiedene linksradikale Gruppen sowie Die Partei können sich derweil weder mit dem Motto noch mit Inszenierung Deutschlands als „zivilisatorische Kraft“ anfreunden. Sie rufen zu Gegenveranstaltungen am 2. und 3. Oktober auf. „Angesichts des failed state Ostdeutschland und der dortigen talibanartigen Stimmung halten wir es auch für zynisch und menschenverachtend, diese missglückte Einheit auch noch zu feiern“, sagte Leo Fischer aus dem Bundesvorstand der „Partei“.
Die „Spaßpartei“ hat Martin Sonneborn, EU-Abgeordneten der Partei, sowie Bands wie die Punkrocker von Slime (“Deutschland muss sterben, damit wir leben können“), die Antilopengang und den „Ärzte“-Schlagzeuger Bela B eingeladen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen