Fehlstart von Harry Kane bei Bayern: Nur kurze Schadenfreude
Fußballfans können sich leicht aufregen über den teuren Bayern-Transfer Harry Kane. Aber gleichzeitig wollen sie, dass ihr Club ganz oben mitmischt.
A ch, war das ein schönes Wochenende für alle, die den FC Bayern hassen, weil er so reich und arrogant ist. Die neue Saison beginnt mit großer Schadenfreude. Im Sinne des wahren, guten, sauberen Fußballs hätte nichts Besseres passieren können als die 0:3-Heimpleite der Münchner im ersten Spiel mit 100-Millionen-Einkauf Harry Kane, dem teuersten Spieler der Bundesliga-Geschichte. Doch wer die Niederlage der hemmungslosen Großeinkäufer im deutschen Supercup-Finale hämisch feiert, muss schon beide Augen zudrücken.
Bei genauerem Hinschauen bleibt die Schadenfreude leider im Hals stecken. Denn Kane dürfte sich noch steigern, und der Supercup-Sieger, der die Bayern so blamierte, heißt RB Leipzig. Wenn ausgerechnet der mit Energydrink-Millionen finanzierte Retortenclub nun die stärkste Konkurrenz des Serienmeisters darstellt, wird aus Sicht der Fußballmelancholiker ja alles sogar schlimmer. Dann kann man nur noch auf die Borussia aus Dortmund hoffen, die aber auch kein Arbeiterverein mehr ist, sondern längst eine börsennotierte AG. Ja, wer sich über den krassen Turbokapitalismus im Fußball aufregt und trotzdem Fan der Spitzenvereine bleiben will, hat es nicht leicht.
Viele Anhänger verhalten sich deshalb inzwischen schizophren: Sie protestieren einerseits gegen die Auswüchse der Kommerzialisierung – und andererseits oft schon nach drei Niederlagen gegen die vermeintlichen Versager ihres eigenen Teams. Alle wünschen sich weniger Geldgier, aber freiwillig verlieren will auch fast niemand. Ein Dilemma, zumal eine wünschenswerte Begrenzung der irrsinnigen Gehalts- und Ablösesummen in Deutschland wohl den endgültigen Abschied vom internationalen Spitzenfußball bedeuten würde, da in anderen Ländern noch höhere Summen gezahlt werden.
Freuen wir uns also lieber noch eine Woche über den scheinbar wahren, guten, sauberen Fußball bei der Frauen-WM und vergessen wir kurz, dass auch bei den Frauen längst das Geld die Titel holt und die Besten bei den Reichsten spielen. In der deutschen Liga beim FC Bayern oder VW Wolfsburg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja