piwik no script img

Fehlende Unterstützung„Das macht mich wirklich traurig“

Sonia de Oliveira ist seit 1997 beim Berliner Karneval der Kulturen dabei, fast von Anfang an. Dieses Jahr könnte das letzte Mal sein.

Sonia de Oliveira ist für viele das Gesicht des Karnevals der Kulturen Foto: Pop-Eye/imago

„Ich bin seit der zweiten Ausgabe des Karnevals dabei, seit 1997, und es war immer eine Ehre für mich. Aber als Gruppe haben wir das Problem, dass wir wirklich unglaublich wenig Unterstützung bekommen. Zwar bekommen wir seit ein paar Jahren etwas Geld, aber das hilft uns wirklich nicht sehr. Ich befinde mich darum jetzt in einer Lage, wo ich entscheiden muss, den Karneval zu verlassen, weil: so wie es jetzt ist, geht es nicht.

Die Hälfte meiner Kostüme ist zerrissen und ich habe nicht mehr so viel Geld privat, das ich das selber bezahlen kann. Wir haben auch keinen anständigen Arbeitsplatz und keine anständigen Probemöglichkeiten.

Das Haus des Karnevals in Marzahn (ein Stadtteil am Stadtrand Berlins; Anm. d. Red.) ist weit weg, die Leute wollen nicht eineinhalb Stunden fahren und Training machen in einem kleinen Raum. Das ist alles sehr, sehr schlecht geworden in letzter Zeit für uns als Gruppe. Das macht mich wirklich traurig.

Ich habe Kinder, Menschen im Rollstuhl, Eltern, Großeltern mit einbezogen – von 9 Monaten bis 99, das ist mein Motto –, und bis heute haben wir es immer geschafft mit ganz viel Herz und ganz viel Arbeit. Meine Schwester hat in Brasilien 500 bis 600 Kostüme genäht, die haben wir in vier Containern nach Hamburg geschifft, dafür hatten wie einen Sponsor, aber seitdem haben wir null Sponsoren, die uns helfen. Inzwischen ist die Hälfte der Kostüme kaputtgegangen und was mache ich jetzt? Ins Feuer damit oder wegschmeißen?

Im Gespräch: Sonia de Oliveira

Sie wurde 1972 in Brasilien geboren und lebt seit 28 Jahren in Berlin. Für viele ist sie „das Gesicht“ des Karnevals, Fotos von ihr im klassisch brasilianischen Kostüm zierten viele Poster und wurden in Reiseführern über Berlin gedruckt – wofür sie nach eigener Aussage nie Geld bekommen hat. Mehr Infos über sie auf www.amasonia.de.

Ich würde sehr gerne mit dem Projekt weitermachen, mit den Kindern arbeiten, mit den Alten, jeder ist willkommen – ich möchte das auch für Berlin gerne tun. Aber wir brauchen Unterstützung, wir haben auch unsere Grenzen, wenn wir so viele negative Sachen erleben und nur so wenige positive.

Das gilt übrigens nicht nur für meine Gruppe, viele andere sind auch in einer schwierigen Lage. Und irgendwann haben die Leute keine Lust mehr. Dieses Jahr werde ich noch teilnehmen, aber ob es nächstes Jahr noch weitergeht, glaube ich nicht mehr. Und das macht mich sehr traurig.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Es stellt sich dabei ja auch die Frage, wer dafür aufkommen soll? Soll der Steuerzahler das Privatvergnügen einiger Leute finanzieren, das darin besteht, einmal im Jahr in bunten Kostümen auf der Straße herumzuhüpfen?

    Vielleicht fragt man bei den Besuchern dieses "Karnevals" nach, die danach ja offenbar ein Bedürfnis haben. Ich lebe in Berlin und kenne niemanden, der Wert auf diese Veranstaltung legt.

    Die Müllbeseitigung danach ist teuer genug, da können doch die Teilnehmer wenigstens ihre Kostüme selber bezahlen. Ich selbst verkleide mich nicht, aber wenn ich es täte, würde ich nicht erwarten, dass andere Leute mir Geld dafür geben.

  • Es war viel zu voll und die Anzahl der Wagen war stark reduziert.



    War aber trotzdem sehenswert.