■ Kommentar: Falsch gerechnet
Die Stellplatzverordnung ist begraben, es lebe die autogerechte Stadt. Mit der Entscheidung von SPD und CDU, die Stellplatzabgabe für Investoren und Häuslebauer ganz aus der neuen Bauordnung zu streichen, erreicht die Koalition das Gegenteil von dem, was sie sich davon erhofft. Tiefgaragen und Parkdecks werden uns in Zukunft zwar nicht erspart bleiben, aber es wird weniger geben. Daß damit noch lange nicht die Automobilisten aus der Stadt zu verdrängen sind, sondern das Mad-Max-Rowdytum Straßenränder, Gehwege und Grünstreifen blockiert, bedeutet eine Konsequenz der Kipp-Entscheidung. Ein anderes Manko ist, daß dem Land und den Bezirken Millionen Mark durch die Lappen gehen, die Bauherren für einen nicht gebauten Stellplatz zahlen mußten. 20 Millionen Mark Stellplatzabgabe hatten die Bezirke in ihren Haushalt eingeplant. Jetzt gucken sie in die Röhre.
Die Abschaffung der Stellplatzverordnung ist einmal mehr eine Angstnummer, Unternehmen, die in Berlin investieren wollen, nicht mit teuren Bauverordnungen zu schrecken. Ex- Bausentor Nagel (SPD) hatte die Stellplatzabgabe 1994 in der Hoffnung außer Kraft gesetzt, die Stadt blühe wirtschaftlich auf. Es hat nix genutzt. 1996 wurde die Abgabe wieder eingeführt. Sie jetzt erneut aus der Bauordnung zu verbannen, heißt, einem billigen Metropolenbegriff nachzuhinken, der die Großkopferten bevorzugt und ihnen – wie am Potsdamer Platz – mit dem Motto „Wir schenken euch die Stadt“ plärrend hinterherläuft. Hat Berlin keine anderen Pfründen als den Ausverkauf? Die Einnahmen aus der Stellplatzabgabe hätten einem besseren Metropolenbegriff gedient: nämlich dem einer ökologisch orientierten Hauptstadt, die den Ausbau ihres öffentlichen Nahverkehrs mit diesem Geld finanziert. Rolf Lautenschläger
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