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Fall Sandra Bland in den USAEs soll Selbsttötung gewesen sein

Laut Staatsanwaltschaft zeigt die Autopsie, dass sich Sandra Bland im Gefängnis das Leben genommen hat. Sie soll Marihuana im Körper gehabt haben.

Großes Interesse: Staatsanwalt Warren Diepraam teilt der Presse die neuesten Erkenntnisse mit. Foto: Steve Gonzales/Houston Chronicle/ap

Washington dpa | Die Behörden in Texas gehen im Fall der in einer Gefängniszelle gestorbenen Sandra Bland nach vorläufigen Autopsieergebnissen von einem Suizid aus. Bei den Tests seien im Körper der Frau zudem Hinweise auf Marihuana gefunden worden, sagte Staatsanwalt Warren Diepraam am Donnerstag.

Die junge Schwarze war wegen eines Verkehrsverstoßes festgenommen worden und am 13. Juli im Gefängnis in Hempstead gestorben. Die Polizei hatte von Beginn an gesagt, nach ersten Untersuchungen sei von Suizid auszugehen. Die Familie der 28-Jährigen bezweifelte das.

Blands Festnahme durch einen weißen Polizisten und ihr Tod drei Tage später haben in den USA neue Debatten über Polizeigewalt gegen Schwarze ausgelöst. Bland hatte unweit von Houston mit ihrem Auto die Fahrspur gewechselt, ohne zu blinken. Als ein Polizist sie stoppte, gerieten beide in einen lauten Streit. Sie kam ins Gefängnis wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Die Polizei veröffentlichte ein Video des Vorfalls.

Staatsanwalt Diepraam erläuterte, er rechne nicht mit einer zweiten Autopsie durch die Behörden. Die Familie hatte eine unabhängige Untersuchung der Todesursache gefordert.

Schnittwunden am Handgelenk

In den Medien waren angebliche Hinweise aufgetaucht, dass Bland in der Vergangenheit suizidgefährdet gewesen sein und Drogen genommen haben soll. Der Staatsanwalt sagte am Donnerstag, er erwarte mehr Resultate zur Droge in den kommenden Tagen. Die im Körper gefundene Rauschgiftmenge – nach drei Tagen in der Zelle – deute auf starken Konsum hin.

Bland habe laut Autopsie rund 30 Schnittwunden am linken Handgelenk gehabt, schrieb CNN. Diese seien am Verheilen gewesen. Weitere Wunden an den Handgelenken passten dazu, dass die Frau beim Anlegen von Handschellen Widerstand geleistet habe, wurde der Anklagevertreter zitiert.

Nach einem Bericht der New York Times vom Mittwoch sagte Bland selbst gegenüber Beamten aus, dass sie sich früher habe umbringen wollen. Trotzdem seien im Gefängnis keine besonderen Vorkehrungen zum Schutz der Frau getroffen worden.

Sowohl das Vorgehen des Polizisten bei der Festnahme als auch das Verhalten der Behörden im Gefängnis werden von der Familie der Toten und im Internet viel kritisiert. Der Polizist wurde aus dem Streifendienst genommen. Nach Medienberichten hat Blands Familie, die aus dem Raum Chicago kommt, privat eine weitere Autopsie in Auftrag gegeben. Am Samstag soll in Lisle (Illinois) die Beerdigung sein.

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4 Kommentare

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  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Das unvernünftige Verhalten von Bland während der Polizeikontrolle scheint tatsächlich auf Rauschgifteinfluß hinzudeuten. Sie hätte daher im Polizeigewahrsam ärztliche Hilfe benötigt. Daß sie als Afroamerikanerin in einem Südstaatenstaat verhaftet wird und in der Gefängniszelle drei Tage stirbt, läßt auf rassistische Polizeigewalt schließen. Außerdem läßt sich m. E. auch die zu lange Haftdauer aus nichtigem Anlaß beanstanden und daß Bland offenbar keinen anwaltlichen Beistand erhalten hat.

  • Die Schilderung der "Festnahme" las sich als erstes wie ein Hassanfall einer der "Polizisten", wie in Ferguson: Brüllen, angreifen, mitnehmen.

    Als erstes reagierte sie pochend auf ihr Recht, und dann mit Telefonat.

     

    Darstellung "Müllsäcke", Drogen, Depression dienen der Abwertung des Opfers rassistischer Polizeigewalt.

  • Aha. Sie haben also "Hinweise" gefunden. Erinnert sich noch jemand an Christoph Daum? Bei dem gab es auch "Hinweise". Ganz weit oben an den Haaren.

     

    So weit ich weiß, wird bisher nicht einmal in den USA der Konsum von Marihuana mit der Todesstrafe geahndet. Und wer Depressionen hat, bekommt die staatsbürgerlichen Rechte deswegen noch lange nicht entzogen. Was also sollen die Informationen, die da geliefert worden sind, den Adressaten sagen? Dass es nicht schade ist um Sandra Bland, weil sie sich früher oder später sowieso selber den Goldenen Schuss verpasst hätte?

     

    Entweder haben die USA ihre Gefängnisse nicht unter Kontrolle, oder die Informationen sind völlig nebensächlich für den Sachverhalt. Es sei denn, die Staatsanwaltschaft wollte "Stimmung machen" damit. Und das wäre immerhin verständlich nach all dem Ärger der vergangenen Monate. Vor allem dann, wenn man erwartet, dass es auf Seiten der Polizei mal wieder keine Verantwortlichen geben wird, der zur rechenschaft gezogen werden kann.

     

    Black lives matter, davon soll Sandra Bland inzwischen überzeugt gewesen sein. So jemand bringt sich doch nicht einfach um! Dass die Leben von schwarzen Marihuana-Konsumenten mit Narben an den Handgelenken nichts zählen für "DEN Staat", vor allem dann nicht, wenn sie einer Gefängniszelle sitzen, hat Staatsanwalt Diepraam die Presse nun im Auftrag der Machthaber wissen lassen. Wie schön, dass die Fronten damit wieder etwas klarer sind als zuvor.

  • Hemp in Hempstead? Unter anderen Umständen könnte man drüber lachen.

    Womöglich war Sandra B. auch zuvor psychisch auffällig (Borderline-Syndrom?), so stellt man es zumindest dar, Aber selbst wenn: Offenbar auch etwas, dass in den USA zu Knast und Tod führen kann, Suizidmaterial wird freundlich zur Verfügung gestellt. (Und das nur wegen Fahrbahnwechsels ohne Blinken, weil ein Polizeiwagen im Rückspiegel auftaucht)