Fall Osman Kavala: Türkei lädt Botschafter vor
Zehn Länder haben die Freilassung von Kulturförderer Osman Kavala gefordert – darunter Deutschland. Ankara gibt sich empört.
In der Erklärung hatten die Botschaften geschrieben, die anhaltende Inhaftierung Kavalas werfe einen „Schatten auf den Respekt für Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und auf die Transparenz des türkischen Justizsystems“. Mit Verweis auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) forderten die Diplomaten die Freilassung Kavalas. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu kritisierte die Erklärung: „Es ist nicht vorbei, bis die türkische Justiz sagt, dass es vorbei ist“, so Soylu. Der Westen könne die Türkei nicht einschüchtern oder ihr Befehle erteilen.
Kavala war 2017 verhaftet worden. In Istanbul läuft ein Verfahren gegen den Kulturförderer und mehr als 50 weitere Angeklagte. Ihnen wird ein Umsturzversuch im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten 2013 vorgeworfen. Kavala wird zudem der „politischen und militärischen Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 beschuldigt.
Der EGMR hat 2019 bereits Kavalas Freilassung gefordert. Die Türkei ignoriert das Urteil bislang, obwohl sie als Mitglied des Europarats eigentlich zur Umsetzung verpflichtet ist. Der Europarat droht dem Land mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, wenn Kavala nicht bis Dezember freigelassen wird.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bei ihrem Abschiedsbesuch bei Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Samstag auch die Menschenrechtssituation im Land und die Inhaftierung auch von deutschen Staatsbürgern angesprochen. Erdoğan verwies auf die Unabhängigkeit der Justiz.
Der 64 Jahre alte Kavala fördert zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte in der Türkei und ist Gründer der Organisation Anadolu Kültür, die unter anderem mit dem Goethe-Institut und anderen deutschen Stiftungen zusammenarbeitet.
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