Fall Jamal Khashoggi: Deutschland verhängt Einreisesperre
18 Saudis dürfen nicht mehr nach Deutschland, weil sie in Verbindung zum Fall Khashoggi stehen könnten. US-Präsident Trump pocht auf die Unschuldsvermutung.
„Nach wie vor gibt es für uns mehr Fragen als Antworten bei der Aufklärung dieses Falles“, sagte Maas. Das betreffe sowohl die Tat als solche als auch die Identität der Hintermänner. Deutschland habe sich bei dem jetzt entschiedenen Schritt eng mit Frankreich und Großbritannien abgestimmt. „Wir sind innerhalb der Europäischen Union in dieser Frage insgesamt in einer engen Abstimmung.“ Weitere Schritte behalte man sich vor, sagte Maas.
Die Staatsanwaltschaft beschuldigt hochrangige Regierungsmitarbeiter, eigenmächtig ein 15-köpfiges Spezialteam zur Ausführung der Tat geschickt zu haben. Riads Generalstaatsanwalt hatte zuletzt für fünf Beteiligte die Todesstrafe gefordert – angeklagt würden elf. Auch der saudische Kronprinz könnte nach Medienberichten in den Fall verwickelt sein.
Das Außenministerium in Washington stellte am Samstag aber klar, dass keine abschließende Bewertung im Fall Khashoggi getroffen worden sei. Der Kronprinz soll auch nicht auf der Liste der 18 Personen stehen, die jetzt von Deutschland mit Einreisesperren belegt werden.
Angesichts neuer Erkenntnisse zur möglichen Beteiligung des saudischen Kronprinzen gerät auch US-Präsident Donald Trump unter Druck. Am Wochenende kündigte der Republikaner einen „umfassenden Bericht“ zu der Ermordung an, der bis Dienstag vorliegen soll. Darin werde es auch darum gehen, wer die Tötung veranlasst und wer es getan habe. „Das war eine schreckliche Sache, diese Tötung eines Journalisten“, fügte Trump am Rande eines Besuchs in Kalifornien hinzu. Das „hätte nie passieren dürfen“.
US-Medien hatten tags zuvor berichtet, dass der Auslandsgeheimdienst CIA zu der Einschätzung gelangt sei, dass Thronfolger Mohammed bin Salman selbst die Tötung des Journalisten und Regierungskritikers im Konsulat in Istanbul angeordnet habe. Dies sei das Ergebnis der Auswertung mehrerer Quellen, schrieb die Washington Post. Das Außenministerium in Washington stellte am Samstag aber klar, dass keine abschließende Bewertung im Fall Khashoggi getroffen worden sei.
Soll der Kronprinz geschützt werden?
Der im US-Exil lebende Khashoggi war am 2. Oktober im Konsulat seines Heimatlandes Saudi-Arabien in Istanbul umgebracht worden. Er hatte dort Dokumente für seine Hochzeit mit einer Türkin abholen wollen. Unter immensem internationalen Druck gab Riad erst viel später den Tod des „Washington Post“-Kolumnisten zu. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt hochrangige Regierungsmitarbeiter, eigenmächtig ein 15-köpfiges Spezialteam zur Ausführung der Tat geschickt zu haben. Riads Generalstaatsanwalt hatte zuletzt für fünf Beteiligte die Todesstrafe gefordert – angeklagt würden elf.
Beobachter sehen darin den Versuch, Mohammed bin Salman – auch „MbS“ genannt – zu schützen. Die Affäre hat ihn in den vergangenen Wochen international in die Defensive gedrängt. Trump hingegen hatte bislang unter Verweis auf gute Geschäfte, Waffendeals und die Stabilität in Nahost gezögert, gegen den Kronprinzen vorzugehen.
Aufnahme von der Tötung des Journalisten
In einem am Wochenende veröffentlichten Interview betonte Trump, dass der Thronfolger ihm gesagt habe, dass er nichts mit der Tat zu tun habe. Es gebe zudem „viele Menschen“, die sagten, Mohammed bin Salman habe kein Wissen davon gehabt, sagte Trump in dem Interview des Senders Fox News, das am Freitag aufgezeichnet und am Sonntag ausgestrahlt wurde. Darin machte der Präsident auch klar, dass er eine Aufnahme zum Tod Khashoggis nicht anhören wolle, weil sie leidvoll sei und er über den Inhalt unterrichtet worden sei.
Die „Washington Post“ berichtete, Trump seien Erkenntnisse über die Beteiligung des Kronprinzen gezeigt worden, er bleibe aber skeptisch, dass dieser die Tötung angeordnet habe.
Rüstungsexporte werden geprüft
Der Tod des kritischen Journalisten sorgte international für Entsetzen. Die Umstände des Verbrechens seien noch nicht befriedigend aufgeklärt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach Bekanntwerden der Tat angekündigt, dass Deutschland zunächst keine Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien geben wird. Diese Aussage gelte nach wie vor, betonte Seibert.
Die Bundesregierung hatte außerdem angekündigt, zu prüfen, wie sie mit bereits erteilten Genehmigungen umgehen will. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte am Montag, auf Inhaber solcher Genehmigungen werde eingewirkt mit dem Ziel, dass tatsächliche Ausfuhren nicht stattfinden. Wie dies genau stattfindet, verriet er nicht.
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