Faire Vermarktung für den Fußball: Brause für die Kleinen
Mit dem Verkauf eines Energy-Drinks wollen zwei Studenten die Fußballkultur in Deutschland fördern. Sie selbst verdienen dabei keinen Cent.
BERLIN taz | Protestaktionen auf den Rängen hat es schon unzählige gegen den Fußballzweitligisten aus Leipzig gegeben. Kein Klub polarisiert derart wie der vom Brausekonzern aus Österreich gesteuerte Verein. Aber der Hannoveraner Student Tobias Müller kam dennoch ins Grübeln, als sich unter einem Gewinnspiel der Getränkefirma auf Facebook nach nur wenigen Minuten wieder einmal zahlreiche unflätige Kommentare horteten. Wieso macht niemand etwas, was über Protest und Anklage hinausgeht, fragte sich Müller. Noch am selben Abend beschloss er mit seinem Kompagnon, „das erste Energiegetränk zum Erhalt der Fußballkultur zu brauen“.
Im August waren die beiden mit der Idee an die Öffentlichkeit gegangen, im November war das Crowdfunding mit knapp 28.000 Euro erfolgreich. „5gegen2“ heißt das Projekt, mit dem sie Amateurvereine und Faninitiativen unterstützen wollen. Das grundlegende Ziel des Unternehmens ist die Förderung von kleinen Vereinen und Fanprojekten. Ob die Renovierung eines maroden Vereinsheims, ein neuer Satz Trikots für die A-Jugend oder ein frischer Anstrich für die Trainerbank – 5gegen2 will helfen.
Entscheidend ist nicht, in welcher Liga der Verein spielt, sondern wofür das Geld eingesetzt wird. „Das Gehalt eines Bezirksligaspielers werden wir nicht zahlen, wenn der Nachwuchs aber neue Leibchen benötigt, wollen wir zu Stelle sein“, stellt Meyer klar. Finanzieren wollen sie das durch den deutschlandweiten Verkauf von eigens gebrauten Energydrinks. Das Rezept haben sie mittlerweile schon ausgearbeitet, die Fertigung soll dann eine Brauerei übernehmen. Nach der Produktion, so der Plan, wird die Energybrause über die ansässigen Kneipen, Kioske oder Fußballplätze vertrieben.
Das Prinzip: Ein Kiosk benennt einen Verein aus der Region, den er mit dem Verkauf des Getränks unterstützen möchte. Der Einzelhändler verpflichtet sich, klar zu kennzeichnen, um welchen Verein es sich handelt. Anschließend wird ein Spendensatz pro Flasche festgelegt, der zwischen 20 und 25 Cent liegen soll. Die Erlöse aus dem Spendensatz gehen dann zu 100 Prozent an den Verein.
Fußballvereine direkt beteiligt
Ein Beispiel: Ein Kiosk benennt einen Provinzverein als Förderziel. Verkauft dieser in einem Monat 100 Flaschen zu einem Preis von einem Euro, so gehen am Ende des Monats 20 Euro an den Klub. Fußballvereine werden so, ohne eine Gegenleistung zu erbringen, direkt am Verkaufserlös der Flaschen beteiligt. Die verbleibenden 80 Cent teilen die Flaschenverkäufer und 5gegen2 unter sich auf. „Wir persönlich verdienen daran nichts, unsere Einnahmen gehen direkt wieder in die Produktion“, so Meyer.
Die beiden Jungunternehmer wollen ein „moralisches Gegengewicht“ zur bisherigen Situation bieten, denn einen kompletten Verzicht auf Kommerzialisierung hält Gründer Tobias Meyer für unmöglich: „Ohne Konzerne wäre Spitzenfußball, wie wir ihn heute kennen, nicht vorstellbar“. Eine grundsätzliche Ablehnung von Konzernen, die sich in Vereinen engagieren, beurteilt er wiederum für „zu kurz gefasst“, denn „in gewisser Weise verlangt unsere Höher-schneller-weiter-Gesellschaft ja den Einstieg von Konzernen“. Wer will seine Mannschaft nicht die Champions League gewinnen sehen?“
Das Handeln der Wirtschaft ist für den Start-up-Initiator eine logische Konsequenz aus dem Begehren der Fans. Trotzdem mahnt er zur Unterscheidung von Unternehmen, die sich seit Jahren beteiligen, um den Sport oder den Verein zu fördern, und jenen, die den Fußball nur als Mittel zur Vermarktung sehen. Red Bull schafft für ihn ein neues Ausmaß von Kommerzialisierung. Nun hat er etwas unternommen. Am Donnerstag, dem 18. Dezember, sollen die ersten 20.000 Limo-Flaschen ausgeliefert werden.
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