Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien: Sie wollen doch nur Autos reiten
Erstmals unterstützen Politikerinnen die Forderung, das Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien aufzuheben. Die Reaktion sind gemischt.
BERLIN taz | Saudische Aktivistinnen, die sich für eine Aufhebung des Fahrverbots für Frauen einsetzen, haben jetzt Unterstützung von Politikerinnen bekommen. Drei Frauen, die in der Schura, einem ernannten parlamentsähnlichen Gremium, sitzen, haben am Dienstag erstmals einen offiziellen Antrag gestellt, das Verbot aufzuheben.
Die Abgeordneten beteuerten, ihre Initiative habe nichts mit einer gerade laufenden Kampagne gegen das Fahrverbot zu tun. Per Internetpetition unter dem Schlagwort „Frauen fahren am 26. Oktober“ werben derzeit Aktivistinnen eindringlich für die Fahrerlaubnis, wie afp berichtete.
Sie argumentieren, damit weder gegen islamisches Recht noch gegen die Gesetze oder die Tradition zu verstoßen: „Alle Begleiter des Propheten Mohammed, einschließlich deren Frauen, ritten auf dem Rücken von Pferden und Kamelen; deshalb haben auch wir das Recht, Auto zu fahren – das Transportmittel unserer Zeit. Es sei denn, ihr wollt zu Eseln und Pferden zurückkehren.“
Im Juni 2012 hatten Aktivistinnen zu einem „Tag des Autofahrens“ aufgerufen. Sie waren von der Polizei angehalten worden und hatten schriftlich versprechen müssen, sich nie wieder ans Steuer zu setzen.
Risiko für die Gebärmutter?
Die jetzige Kampagne bekam Unterstützung von ungewohnter Seite. Scheich Abdullatif al-Scheich, Chef der Religionspolizei, stellte kürzlich klar, dass das Fahrverbot nicht durch das islamische Recht, die Scharia, abgedeckt sei. „Die Scharia enthält keinen Text, der Frauen das Fahren verbietet“, sagte er laut BBC. Bereits im Januar hatte sich Prinz Talal Ben Abdel Asis für das Recht der Frauen ausgesprochen, Auto zu fahren.
Aber es gibt auch Gegenwind: Ein Geistlicher behauptete kürzlich, Frauen, die am Steuer sitzen, würden riskieren, ihre Gebärmutter zu verletzen und Kinder mit gesundheitlichen Problemen zur Welt zu bringen.
Doch der Trend in Saudi-Arabien geht in eine andere Richtung. Seit König Abdallah 2005 an die Macht kam, ändern sich die Dinge allmählich. Abdallah führte Debatten über gesellschaftlich relevante Fragen ein und unterstützt die Berufstätigkeit von Frauen.
Am Montag wurden die ersten vier als Anwältinnen zugelassen. Anfang des Jahres berief Abdallah die ersten Frauen in die bis dahin rein männliche Schura. Seither dürfen Frauen unter bestimmten Bedingungen Fahrrad fahren, auch Schulsport für Mädchen wurde eingeführt. Außerdem billigte die Regierung ein Gesetz gegen häusliche Gewalt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin