Fahrraddiebstahl in der Stadt: Rad weg, Polizei da. Ein Protokoll
Glücklich, wer die Polizei für die Wiederbeschaffung des geklauten Rades anheuern kann. Blöde nur, wenn der Dieb gar nicht der Dieb war.
Dann habe ich ein paar Freunde mobilisiert: Wir müssen unbedingt den Zuschlag kriegen. Parallel habe ich bei der Polizei angerufen und denen erklärt, dass ich mein gestohlenes Fahrrad auf Ebay gefunden habe, was denen erst mal völlig egal war. In meinem Kopf war klar: Wir gehen da jetzt hin und holen es einfach!
Das haben die ein bisschen anders gesehen, aber durch ein paar Telefonate habe ich es geschafft, die Zivilpolizei auf meine Seite zu kriegen. Normalerweise machen die so etwas nicht, dann war ja auch noch sehr kurzfristig, und eigentlich ging es auch nicht um 18 Uhr, weil sie erst ab 19 Uhr im Einsatz waren. Aber es hat geklappt, warum auch immer.
Ich habe mich dann mit den drei Zivilpolizisten, die extra früher ihren Dienst angetreten haben, zur Einsatzbesprechung auf einem Parkplatz getroffen. Sie sahen leider wirklich so aus, wie man es bei Zivilpolizisten vermutet, mit Käppi, betont unauffällig. Der Plan war, dass zwei von hinten an den Treffpunkt kommen und ich mit dem anderen zum Verkäufer gehe. Das Codewort für den Zugriff war: Ich möchte das Fahrrad kaufen – falls es meines ist. Es war dann halt dummerweise nicht meins.
Irgendwann war es der Polizei zu doof
Du siehst direkt: Scheiße, das geht nicht gut aus für mich, das ist nicht mein Fahrrad. Ich sagte, nee, ich will das Fahrrad nicht kaufen, es gab ein Hin und Her, und irgendwann war es dem Polizisten zu doof, und sie haben gesagt: Hier ist Polizei, was ist los mit dem Fahrrad?
Den Verkäufer haben sie festgenommen, es war nicht sein Fahrrad, und er hatte keinen Ausweis dabei. Er tat mir leid, es war ein obdachloser Jugendlicher, der das für irgendjemanden weiterverkauft hat. Dann haben sie mich letztlich auch noch enttarnt. Am Anfang stand ich noch da, als wäre ich einer von denen, und dann wurde ich eher unehrenhaft entlassen: Sie können dann jetzt gehen.
Die Freundin, die für mich auf Ebay geboten und den Zuschlag bekommen hatte, hat am nächsten Tag noch eine beleidigende Nachricht bekommen. Das Fahrrad ist nie wieder aufgetaucht. Es war mein liebstes überhaupt, und seinetwegen war ich zwei Tage lang emotional Privatdetektiv gewesen.“
Bernd Hansen (37) lebt in Norddeutschland und kauft gerade ein neues Rad, das nie so gut laufen wird wie das alte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge