Fachtagung zu Linksextremismus: Prävention an der falschen Stelle
Die Fachtagung zu Linksextremismus, organisiert vom Justizministerium Niedersachsen, ist Aktionismus. Viel wichtiger sind Bildung und Gerechtigkeit.
D as war ein unfassbar unwürdiger Eiertanz, den die verschiedenen Wissenschaftlerinnen und pädagogische Beraterinnen da auf Geheiß des niedersächsischen Justizministeriums aufführen mussten. Schon klar: Ihre Arbeitgeber leben eben von Drittmitteln und Projektgeldern, da muss man sich halt schon mal ein bisschen für verbiegen.
Dabei war ihre Botschaft doch im Grunde klar: Wer Linksextremismus verhindern will, muss vor allem für eine bessere, gerechte Gesellschaft sorgen. Der muss junge Menschen in ihrem verletzten Gerechtigkeitsempfinden ernst nehmen und dabei Gesprächs- und Veränderungsbereitschaft zeigen.
Vielleicht hilft auch besserer Politikunterricht. Aber da wartete die Didaktikprofessorin Monika Oberle gleich einmal mit schockierenden Zahlen auf: Weite Teile des Politikunterrichts – vor allem an Haupt- und Realschulen – werden von Fachfremden erteilt. So viel zum Stellenwert dieses Fachs.
Wer verhindern will, dass Jugendliche irgendwann einmal zu Gewalt greifen, der würde auch gut daran tun, in eine kluge und einfühlsame Begleitung ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu investieren. Aber bekommen Schulen dafür Geld, Zeit und Personal? Nein, natürlich nicht. So dringend ist das dann doch nicht.
Gleichzeitig zeigt sich hier, wie Ideologiekonflikte von vorgestern verhindern, dass man den aktuellen Gefahrenquellen Aufmerksamkeit schenkt. Der Verfassungsschützer fragt vor allem, ob es der extremen Linken gelingt, die Klimaschutzbewegung zu unterwandern. Aber wohin diese klimabewegten Jugendlichen sollen – mit ihrer wachsenden Ungeduld, ihrer Verzweiflung und dem Gefühl, dass ihnen die Zeit wegläuft? Dafür ist bestimmt irgendjemand anders zuständig.
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