Facebookstar, Kicker und Spaßvogel: "Hans Sarpei for President"
Der ghanaische Fußballnationalspieler Hans Sarpei übers Witze machen und die Schwierigkeiten, seine Fans auf Facebook gut zu unterhalten.
taz: Herr Sarpei, Sie scheinen ja ein echter Witzbold zu sein?
Hans Sarpei: Ich habe schon immer gerne Späße gemacht. Jetzt bei Facebook kriegt das bloß direkt die halbe Welt mit.
Zum Trainerwechsel bei Hertha BSC Berlin schrieben Sie: "Otto Rehhagel neuer Trainer in Berlin. Und Millionen fragen sich: Wo bekommt der so schnell einen Libero her?" Denken Sie sich das alles selber aus, was sie auf Ihrer Facebook-Seite so aushecken?
Die Fans machen auch viel, etwa diese Aktion, dass ich aufs Cover vom Computerspiel Fifa 2013 soll.
Wie war das damals, wann ging der Hype um Ihre Person im Netz los?
Am Anfang wusste ich davon gar nichts. Meine Nichte hat mich darauf aufmerksam gemacht. Ich musste da echt erst reinwachsen. Aber mittlerweile mache ich viel auf meiner Seite und habe mich dran gewöhnt. Ich finde es toll.
Von allen deutschen Sportlern ist bei Ihnen auch am meisten los. Und das, obwohl Mesut Özil vier Millionen Fans bei Facebook hat und Sie nur 86.000.
Genau. Meine Leute machen richtig viel. Natürlich auch, weil ich selber viel mache. Es kommt schließlich auch drauf an, dass man den Leuten was bietet. Die schauen ja auch bei mir vorbei, um etwas Spaß zu haben.
Als Sie 2010 mit Facebook angefangen haben, wirkten Ihre Posts vorsichtiger. Mussten Sie den Umgang mit Facebook erst lernen?
Es ist schon was anderes als eine normale Facebook-Seite, wo man Freunde annimmt und sich nur mit Leuten unterhält, die man kennt. Man muss erst verstehen und lernen, mit einer Fanseite umzugehen. Man muss aktiv sein und sich ernsthaft mit den Leuten beschäftigen. Sonst läuft es nicht.
Beim FC Bayern hat man anscheinend immer noch Probleme, mit Social Media umzugehen. Sogar Gerüchte um ein Facebook- und Twitterverbot machten die Runde. Haben Sie die ganze Aufregung rund um die Twitterposts von Breno und Tymoschtschuk bei Bayern München verstanden?
Klar. Breno hat über Twitter einen Verein kritisiert, der ihm immer wieder sehr geholfen hat. Da ist es egal, ob er Bayern über Facebook, Twitter oder eine Zeitung kritisiert. Das ist undankbar. Dass Tymoschtschuk ein Foto aus der Kabine gepostet hat, finde ich persönlich aber gar nicht schlimm. Das ist etwas, was Fans sonst nie zu sehen bekommen. Für sie ist es schön, mal einen Blick in die Kabine werfen zu können.
wurde am 28. Juni 1976 in Ghana geboren und wuchs im Kölner Stadtteil Chorweiler auf. Seine ersten Erfahrungen im Profi-Fußball sammelte der Abwehrspieler 1999 beim damaligen Zweitligisten Viktoria Köln. Nach einem Umweg über den MSV Duisburg landete Sarpei 2001 beim VfL Wolfsburg, wo er 139 Bundesligaspiele absolvierte. Anschließend spielte er in Leverkusen, bevor Felix Magath ihn 2010 auf Schalke unter Vertrag nahm. Sportlich spielt er dort seit einiger Zeit kaum noch eine Rolle. In dieser Saison absolvierte Sarpei kein einziges Bundesligaspiel.
Online: Bei Facebook ist der 36-fache Nationalspieler Ghanas extrem gefragt. Aktuell machen sich über 13.000 Fans in der Gruppe "Hans Sarpei for President" für eine Kandidatur der rheinischen Frohnatur bei der Wahl zum Bundespräsidenten stark. Sarpei scheint dem Job nicht abgeneigt und äußerte sich kürzlich in einem Post zu seinen Ambitionen: "Der Bundespräsident muss 40 Jahre alt sein und wird für fünf Jahre gewählt. Ich freu mich, dass man einen tollen Übergangspräsidenten gefunden hat. Hans, 35 Jahre."
Hat Schalke Ihnen jemals Vorschriften gemacht, was Sie posten dürfen und was nicht?
Nein. Es wird schon mal drauf hingewiesen, dass man vorsichtig sein muss. Manche unbedachte Äußerung kann ja wie ein Bumerang zurückkommen.
Es gibt ein legendäres Ereignis der Fußballgeschichte, dem Sie beigewohnt haben. 1999 hat Fortuna Kölns Präsident Jean Löring seinen Trainer Toni Schumacher in der Halbzeitpause gefeuert. Was hätten Sie darüber auf Facebook geschrieben?
In der Situation habe ich nur gedacht: Boah, was ist hier eigentlich los?
Jean Löring konnte sogar Hans Sarpei schocken?
Ach, nein. Ich konnte Löring ja verstehen. Fortuna Köln war sein Baby. Der wollte sein Kind retten. Ich hätte ja trotzdem was schreiben können, etwa: Hier ist was Einzigartiges passiert. Toni Schumacher ist gerade in der Halbzeitpause gefeuert worden. Wenn man das als Erster geschrieben hätte, dann hätten es sicherlich alle Medien zitiert.
Wenn Sie in den letzten Monaten in den Medien zitiert wurden, dann hat man Sie oft als "Kultkicker" bezeichnet. Was ist das eigentlich?
Ach, das muss ich gar nicht kommentieren. Diesen Begriff hat jemand anders ins Leben gerufen, und das ist okay. Ich gehe ja nicht zu Leuten und sage: Hallo, ich bin der Kultkicker von Facebook.
Würden Sie sich nicht manchmal wünschen, dass mehr über den Fußballer Hans Sarpei als über das gehypte Facebook-Phänomen Hans Sarpei berichtet wird?
Ich habe viele Jahre Fußball gespielt und viel erlebt. Da wurde viel über mich als Fußballer geschrieben. Jetzt wird halt über mich und Facebook geschrieben. Es ist ja auch nicht so, dass ich der Sache gegenüber abgeneigt bin. Ich habe Spaß daran.
Haben Sie noch Ziele in Ihrer Karriere jenseits von Facebook?
Ich werde dieses Jahr 36 und möchte noch ein, zwei Jahre Fußball auf gutem Niveau spielen. Da schaue ich einfach mal, was noch geht. Aber jetzt in Sachen Nationalmannschaft oder Verein irgendwas festzulegen, das wäre nicht richtig. Ich habe schon alles gespielt, stand im Finale des Afrika-Cups, im Viertelfinale der WM. Ich kann mich nicht beschweren.
Gibt es eigentlich etwas, über das Sie auf Facebook auf gar keinen Fall schreiben würden?
Meine Familie. Die lasse ich lieber außen vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was