Facebooks Umgang mit Fake News: Grundlos gelöscht – und dann?
Selbst die Union fordert einen Anspruch auf Wiederherstellung zu Unrecht gelöschter Äußerungen auf Facebook. Das Justizministerium schweigt.
Gerade beschlossen, sorgt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) weiter für Diskussionen. Vorige Woche hatte Johannes Fechner, rechtspolitischer Sprecher der SPD, im taz-Interview angekündigt, dass das so genannte Facebook-Gesetz schnell nachgebessert werden soll. „Betroffene Bürger sollen einen Rechtsanspruch gegen soziale Netzwerke erhalten“, so Fechner, „die Betroffenen können dann verlangen, dass ein zu Unrecht gelöschter Post wieder hergestellt wird.“
Die Grünen sahen sich durch Fechners Ankündigung in ihrer Kritik am Gesetz bestätigt. Das heiße, „dass von Beginn an das Gesetz von Maas im wesentlichen Punkt der Meinungsfreiheit schlecht war. Unglaublich. Dilletanten“, twitterte Renate Künast. Sie verwies auf einen Antrag, den die Grünen schon im April gestellt hatten. Darin war auch der Vorschlag enthalten, dass im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs gegen die Löschung eine „zeitnahe/unverzügliche Wiederzugänglichmachung“ gewährleistet sein müsse.
Auch die Linke nutzte Fechners Ankündigung zu neuen Angriffen: „Einen Rechtsanspruch von Nutzerinnen und Nutzern sozialer Netzwerke einzuführen, damit sie sich gegen ungerechtfertigte Löschungen wehren können, ist wichtig, reicht aber nicht aus,“ so ein Sprecher. Das NetzDG bleibe ein „untauglicher Versuch“. Die Linke fordert weiterhin, dass ausschließlich Gerichte über die Löschung von Hatespeech, Mobbing, Beleidigung, Verleumdung und Volksverhetzung entscheiden sollen.
Die CDU/CSU, auf deren Unterstützung sich Fechner im taz-Interview berufen hatte, trägt den Wunsch nach Nachbesserung tatsächlich mit. „Ein funktionierendes ‚put back-Verfahren‘ ist ein wirksames Mittel gegen ‚Overblocking‘, also gegen eine übermäßige Löschpraxis von Internetplattformen“, sagte Elisabeth Winkelmeier-Becker, rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion. „Es dient damit der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit im Netz und wirkt unberechtigten oder gar missbräuchlichen Beschwerden entgegen.“
Maas wartet ab
Die Details müssten in der nächsten Legislaturperiode geklärt werden. Wenn ein Netzwerk eine Löschentscheidung an eine Einrichtung der „regulierten Selbstregulierung“ delegiere, dann sehe das NetzDG schon heute die Einrichtung von Beschwerdestellen vor, „an die sich Nutzer wenden können, wenn ein Inhalt aus ihrer Sicht zu Unrecht entfernt wurde.“
Fechner hatte mit seinem Vorschlag auf die verbreitete Kritik reagiert, dass das NetzDG zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit führen werde, weil Facebook und Co. aus Angst vor Bußgeldern alle Meinungsäußerungen löschen könnten, über die sich irgendjemand beschwert. Das NetzDG, das am vorigen Freitag auch den Bundesrat passierte, verlangt, dass soziale Netzwerke ein effektives Beschwerdemanagement einrichten. Offensichtlich rechtswidrige Hassposts sollen binnen 24 Stunden nach Meldung gelöscht werden.
Das Justizministerium wollte zu Fechners Ausführungen keine Stellungnahme abgeben – was erstaunlich ist, da Fechner sonst eng mit Justizminister Heiko Maas (SPD) zusammenarbeitet. Scheinbar hat das Ministerium noch keinen konkreten Vorschlag für einen Restore-Anspruch in der Schublade. Möglicherweise will Heiko Maas erst einmal abwarten, ob die Netzwerke tatsächlich häufiger als bisher legale Meinungsäußerungen löschen. Die Bundesregierung hatte das bisher immer für unwahrscheinlich gehalten. Das Problem sei ja nicht, so Maas, dass Facebook zu viel lösche, sondern dass die Meldung strafbarer Hassbotschaften häufig ignoriert werde.
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