Facebookgruppe von US-Grenzschützern: Hasserfüllte Posts
ProPublica hat Grenzschützer enthüllt, die im Netz Witze auf Kosten toter Kinder machten. Jetzt soll Border Control zur Verantwortung gezogen werden.
„10-15“ hat sich die geschlossene Facebook-Gruppe genannt – nach einem Code, den Border Patrol-Agenten längs der Südgrenze der USA benutzen, um intern mitzuteilen, dass sie „Fremde in Gewahrsam“ genommen haben. Laut Recherchen von „ProPublica“, die die geheime Facebook-Gruppe enthüllt hat, bezeichnete sie sich als „Forum für lustige und ernste Diskussionen über die Arbeit bei der Border Patrol“. Insgesamt 9.500 gegenwärtige und ehemalige Grenzschützer folgten den hasserfüllten Einträgen – das entspricht fast der Hälfte der 20.000 Mitglieder starken Einheit, die für die Sicherheit längs der US-Grenzen zuständig ist.
Ocasio-Cortez und Escobar waren auf dem Weg zu Besuchen bei Internierungslagern in Texas, als ProPublica am Montag Morgen seine Recherchen enthüllte. Nachdem AnwältInnen im vergangenen Monat bei einem Besuch katastrophale sanitäre und humanitäre Zustände für ImmigrantInnen, darunter auch für internierte Kleinkinder, vorgefunden hatten, wollten die Abgeordneten sich selbst ein Bild machen. Unter anderem standen auch Gespräche mit Border-Patrol-Verantwortlichen auf ihrem Programm.
Ocasio-Cortez, die in einer pornographischen Darstellung auf „10-15“ beim erzwungenen Oralsex mit einem grinsenden Donald Trump und auf einer anderen Darstellung mit einem internierten Migranten gezeigt wurde, ließ sich nicht einschüchtern. Stattdessen ging sie am Montag mit einem Tweet in die Gegenoffensive: „Wie glaubt Ihr, dass die Border Patrol Kinder und Familien in Käfigen behandeln, wenn sie sogar Mitglieder des US-Kongress bedrohen?“
MigrantInnen sind weiter verzweifelt
Joaquin Castro, texanischer Abgeordneter und Vorsitzender der Latino-Fraktion im Repräsentantenhaus, die den Besuch organisiert hat, machte bei den beiden Besuchen am Montag Fotos. Neun Tage nach dem Besuch der AnwältInnen fanden die Abgeordneten immer noch überfüllte Zellen und verzweifelte Migrantinnen vor. „Das Grenzschutzsystem ist kaputt“, resümierte Castro anschließend und erklärte die Missstände in den Lagern unter anderem mit der Geheimhaltung: „Das amerikanische Volk muss sehen, was in seinem Namen geschieht“.
Die Abgeordneten fanden in den Border Patrol Lagern „Station1“ in El Paso und in einem weiter südlich gelegenen Lager in Clint Migrantinnen, die zwangsweise von ihren Kindern getrennt worden sind: Diese Frauen flehten die Abgeordneten um Hilfe an, obwohl sie Vergeltungsmaßnahmen befürchten. Sie müssen in überfüllten Zellen auf dem Betonboden schlafen, manche haben keinen Zugang zu Medikamenten, manche haben seit Wochen keine Waschgelegenheit. „Es gibt viele gute Grenzschützer“, schrieb Castro auf Twitter, „aber sie sind überwältigt von einem System, das moralisch ruiniert und das von betrügerischen Agenten unterhöhlt ist, deren Kultur in der Facebookseite offensichtlich geworden ist.“
Ocasio-Cortez, die in den Lagern in mehreren Zellen Frauen umarmt und mit ihnen gesprochen hat, berichtete anschließend: „Sie halten Frauen in Zellen ohne Wasser und sie haben ihnen gesagt, sie sollten aus den Toiletten trinken“. Ein anderes Delegationsmitglied, die afroamerikanische Abgeordnete aus Massachusetts, Ayanna Pressley, erklärte über den Grenzschutz: „Er ist in seinem Inneren verrottet“.
Alexandria Ocasio-Cortez
Die Namen einiger der Grenzschützer, die auf „10 – 15“ Witze auf Kosten toter Kinder gerissen, und gegen Frauen gehetzt haben, sind ProPublica bekannt. Doch bislang sind sie nicht öffentlich. Die Border Patrol muss sich nun mit dem extrem weit verbreiteten Korpsgeist in ihren Reihen auseinandersetzen.
Nach mehrere Führungswechseln in den zurückliegenden Wochen hat der letzte Chef John Sanders, der selbst nur kommissarisch im Amt war, in der vergangenen Woche seinen Rücktritt für Anfang Juli angekündigt. An seiner Stelle erklärte am Montag Carla Provost, einige von wenigen Frauen in einer Einheit, in der nur rund fünf Prozent Frauen arbeiten, dass die „10-15“-Seite „völlig unangemessen und entgegengesetzt zu den Werten“ der Border Patrol sei. Sie kündigte eine Untersuchung an und sagte, dass Beschäftigte, die gegen die Verhaltensregeln der Border Patrol verstoßen haben, zur Verantwortung gezogen werden würden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“