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FDP will Gewerbesteuer abschaffenFünf Milliarden würden fehlen

Sollte die Gewerbesteuer wie von den Liberalen geplant wegfallen müssten Bund und Länder auf viel Geld verzichten. Als Alternative droht eine höhere Mehrwertsteuer.

Noch bringt die Gewerbesteuer den Kommunen Geld. Bild: dpa

Die von Union und FDP geplante Abschaffung der kommunalen Gewerbesteuer würde zu erheblichen Steuerausfällen führen. Das ist das Ergebnis von Berechnungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Kommunalsteuern", die der taz vorliegen. "Das Prüfmodell führt zu jährlichen Steuerausfällen in Höhe von 5,35 bis 6,1 Milliarden Euro für den Gesamtstaat", heißt es dort.

Diskutiert wurde der Zwischenbericht während der Arbeitsgruppen-Sitzung am Donnerstag, an der auch Vertreter der Kommunen teilnahmen. Die Berechnungen beziehen sich auf das so genannte FDP-Modell. Um die Unternehmen zu entlasten, wollen die FDP und Teile der Union die heutige Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil der Städte an der Einkommens- und Mehrwertsteuer ersetzen.

Der Deutsche Städtetag und der Städte- und Gemeindebund lehnen das Modell ab. Sie plädieren stattdessen dafür, die Freiberufler wie Ärzte und Anwälte, die bislang keine Gewerbesteuer zahlen, einzubeziehen. Die grüne Bundestagsabgeordnete Britta Haßelmann befürchtet, dass das Finanzierungsdefizit durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gedeckt würde. "Dadurch werden die Bürger zusätzlich belastet", so Haßelmann.

Heute finanzieren sich die Kommunen zum guten Teil durch die Gewerbesteuer, deren Höhe sie mitbestimmen können. Dieses Jahr belaufen sich die Einnahmen auf rund 30 Milliarden Euro, die vor allem die in den Städten ansässigen Unternehmen und Gewerbebetriebe zahlen. Außerdem erhalten die Gemeinden Anteile der Einkommens- und Mehrwertsteuer.

Im neuen Modell würde die Gewerbesteuer abgeschafft. Stattdessen dürften die Städte eigene Zuschläge zur Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer für Firmen erheben, deren Sätze von Kommune zu Kommune schwanken können. Damit die Einkommenssteuer der Bürger im Vergleich zu heute gleich bleibt, müssten die aktuellen Steuersätze sinken. Der Eingangssteuersatz der Lohn- und Einkommenssteuer ginge von heute 14 auf 11,9 Prozent, der Spitzensteuersatz von 45 auf 38,25 Prozent zurück. Weil die gesonderte Gewerbesteuer wegfiele, würde dagegen der tarifliche Körperschaftssteuersatz für Unternehmen von heute 15 auf 24 Prozent erhöht. Zusammen mit dem neuen Kommunalzuschlag auf die Gewinnsteuer läge die Besteuerung der Firmen später auf ähnlicher Höhe wie heute. Damit die Kommunen keinen Verlust erleiden, würden sie zusätzlich einen größeren Anteil der Mehrwertsteuer erhalten.

Unter dem Strich würden Kapitalgesellschaften, Personenunternehmen und Einkommenssteuerzahler trotzdem um rund fünf Milliarden Euro entlastet. Denn bestimmte Kosten, die Unternehmen heute nicht von der Gewerbesteuer absetzen können, wären künftig abzugsfähig.

Die Frage ist, wie das Defizit von fünf bis sechs Milliarden Euro, das unter dem Strich entstünde, zu decken ist. In den Papieren der Kommission und des Finanzministeriums findet sich dazu nichts. Kritiker befürchten eine höhere Mehrwertsteuer, die alle Verbraucher bezahlen. Detlef Raphael, der Geschäftsführer der SPD-Gemeinschaft für Kommunalpolitik: "Die Bürger würden mehr belastet, die Firmen weniger. Deshalb kommt das Modell für uns nicht in Frage."

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19 Kommentare

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  • KH
    Karin Haertel

    Wenn man ohne das fehlende Geld auskommt, dann schaffe man die Steuer ab. Ansonsten fuehre man sie wieder ein. Wir zahlen bereits heute 19% MwSt. Ein nun wahrlich nicht unerheblicher Betrag, fuer den wir - und darueber moege man mal kurz nachdenken - keine Gegenleistung bekommen. Nur weil ich mir ein Shirt fuer 20 Euro kaufe, zahle ich fast 4 Euro Steuern. Jede weitere Steuererhoehung ist abzulehnen. Und natuerlich auch die Erhoehung der verminderten MwSt. In den USA zahlt manvz.B. auf Brot Milch, Butter, Eier, Obst und Gemuese, also Grundnahrungsmittel, ueberhaupt keine Steuer. Das zeigt chon, wie skrupellos und abzoen unsere Regierung die Grundsaetze menschlichen Lebens mit Steuern bestraft. Und es soll mir keiner erklaeren,die USA waeren eine hinterwaeldlerische Bananenrepublik.

  • JK
    Juergen K

    Der Trend geht wohl dahin,

     

    ALLE, aber auch wirklich ALLE,

    die,

    die ausserhalb der Beitragsbemessungsgrenzen liegen,

     

    so zu behandeln,

     

    als lebten die im Ausland.

     

    Das kann die Regierung gerne tun.

     

    Dann soll sie ihre Sitzungen aber auch da abhalten, dort ihre Pensionen und Diäten beziehen, und dort ihre Pässe drucken lassen.

  • D
    Daniel

    Das Hauptproblem sehe ich in der forcierten Konkurrenz zwischen den Gemeinden.

    Es ist ja jetzt schon so, dass die Firmen durch niedrige Gewerbesteuern angelockt werden sollen und ein Konkurrenzdruck um die Unternehmen besteht.

     

    Aber durch variable Einkommenssteuersätze entsteht ein Konkurrenzkampf um den Erstwohnsitz der Bürger. Wie bescheuert ist das denn? Am Ende lebt kaum noch jemand da, wo er gemeldet ist, um niedrigere Steuern zu bezahlen.

     

    Mehrwertsteuer erhöhen finde ich in Ordnung, wenn dafür nicht die Unternehmen sondern die Arbeitnehmer (und zwar auch in den unteren Einkommensschichten, also ohne Steueraufkommen) entlastet werden, sowie Erwerbslose, denn auch diese müssen bei höherer USt draufzahlen.

  • M
    manni

    Die Gewerbesteuer fordert: Schafft die FDP ab. Bringt die (ehemaligen) Mitglieder dazu, korrekt Steuern zu zahlen.

    Ein Gewinn für (fast) alle!

  • A
    Amos

    Alles das, was die FDP vorschlägt ist für'n Arsch.

    Es macht zwar wenig Sinn, aber die FDP treibt ja wie bekannt, Klientel- Politik und muss mindesten ihre 5%

    behalten, damit sie nicht ganz in der Versenkung verschwindet. Das ist eine Partei zu Haare ausraufen.

  • B
    Besteller

    Die Abschaffung der Gewerbesteuer ist ja noch ein Projekt aus der Kohl-Zeit. Immer wieder wurde das Thema in die Medien getragen. Übrigens, damals ohne einen Ausgleich in der Einnahmesituation bei den Gemeinden. Das ist ja wohl wieder zu erwarten. Das Ziel ist ja klar: Was die einen weniger haben, haben die anderen mehr (so jedenfalls Westerwelle). Das ist hoheitlich legitimierter Die...ahl. Nichts anderes. Und so soll es wohl sein.

  • TT
    Theobald T.

    Schweden hin, Schweden her, wenn Schweden als Argument für Mwst. Erhöhungen gilt, sollten wir erstmal darauf achten, dass wir eine bessere Einkommens- und Wohlstandsverteilung erhalten.

    Angesichts dessen, dass die sich in Deutschland aber stetig verschlimmert, sehe ich in diesem Akt (mal wieder) nur eine Maßnahme, den oberen Mittelstand zu entlasten und die Einbußen auf die unteren Schichten zu verteilen. Supersache...

  • EN
    erwin netzer

    was soll das denn? dieses geheule von mehr mehrwertsteuer.

    ich bin gerade im urlaub in schweden, ja, modell skandinavien, wo alles besser ist und die leute sich vertragen.

    das könnte daran liegen, dass es hier noch eine monarchie gibt. oder aber an den 25% Mehrwertsteuer. Die MwSt ist doch in vielen an dland angrenzenden ländern höher als bei uns - da beschweren sich aber nicht alle.

    dann möchte ich gerne abschliessend noch so manchen kommentator was fragen.

    @adebar: was meinst du, passiert, wenn der staat nix mehr einnimmt? bestimmt denken unsere herren politiker dann, dass man dch alle für lau durchfüttern sollte. klar.

    @TopperHarley: mit anderen worten, zensur? redeverbot? welcome back, SED! mal im ernst: kleine unternehmen würden davon stärker profitieren als große. mit klein meine ich so bis 10, vllt 20 mitarbeiter. das sind leute die arbeiten. bei einer solchen betriebsgröße wird auch selten ausgebeutet, da die unternehmungen meisst inhabergeführt sind und somit ziemlich kurze wege vorherrschen.

     

    einen schönen tag allerseits!

  • S
    sicker

    @pette: avantgardist... :D

  • M
    Michel

    Frage von Adebar

     

    Beuch doch mal die Seite von Büergerplattform für demokratische Erneuerung.Da findest Du die Antwort.

     

    Michel

  • GP
    Georg P

    Die Gewerbesteuer wird heute schon von allen Konsumenten getragen, da sie ja in die Preise eingerechnet ist und so letztendlich von den Konsumenten bezahlt wird. Von ihrer Abschaffung würden daher auch alle Konsumenten profitieren, wenn aufgrund der Konkurrenz der Unternehmen die Preise sinken.

     

    Die Erhöhung der MwSt. würde im Gegenzug die sinkenden Preise wieder ausgleichen und die Staatsquote deutlicher zum Ausdruck bringen - es gäbe weniger versteckte Steuern in den Preisen.

    Der globale Effekt wäre, dass in Deutschland produzierte Waren im Ausland günstiger verkauft werden könnten und im Gegenzug importierte teurer würden, was letztendlich die Arbeitsplätze wieder zurück nach Deutschland holen würde - zumindest tendenziell.

    Die tiefen Ängste vieler Menschen vor der MwSt. sind bei genauer Betrachtung doch unbegründet da zu kurzsichtig gedacht, gerade wenn man bedenkt, dass z.B. mit einer sinnvollen Staffelung der MwSt. (Prinzip: ökologischer Fußabdruck) das Wirtschaften einfach und sinnvoll geregelt werden könnte. Grundnahrungsmittel würden dann niedrig besteuert (wie jetzt schon), Luxusgüter hoch. Wer viel nimmt zahlt viel, wer wenig nimmt zahlt wenig. Ist das denn ungerecht?

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Wer die Steuern wirklich zahlt!

     

    Mehr dazu unter: http://www.unternimm-die-zukunft.de/Ausgewaehlte_Texte/Wer_die_Steuern_wirklich_zahlt.pdf

     

    Zur Ehrenrettung der nun arg gebeutelten FDP: aus finanzwissenschaftlicher Sicht ist es sinnvoll die - extrem konjunkturabhängige - Gewerbesteuer abzuschaffen.

     

    In diesem Zusammenhang gilt es einen weiteren Schritt in Richtung Ausgabensteuer zu tun. Eine höhere MwSt ist nur scheinbar unsozial. Wir müssen nur auch für die MwSt einen Steuerfreibetrag einführen, wie es dies bei der Einkommenssteuer schon längst der Fall ist.

     

    Die Abschaffung der Gewerbesteuer und eine höhere Ausgabensteuer bringen sowohl die Fiskal- wie auch die Konjunkturpolitik in ein ruhigeres Fahrwasser.

     

    Schweden ist mit einem MwSt-Satz von 25% - dem derzeitigen EU-Höchstsatz - finanzpolitisch betrachtet bereits in einem ruhigen Fahrwasser, wie jüngst in der taz zu lesen war – und Schweden ist wahrlich kein neoliberal geprägtes Land.

  • S
    schwesterwelle

    Diese Nachricht zeigt aufs Neue, dass die FDP als radikale Partei einer permanenten Observierung bedarf.

  • B
    barth

    Ich befürworte die Abschaffung, denn eine Steuerart weniger ist auch weniger Bürokratie für alle!

     

    Ein ädequater Ausgleich wäre auch mit einer mäßigen Erhöhung der Körperschaftsteuer zu erreichen.

     

    B.B.

  • N
    nichtvermietbar

    die fdp muss so schnell wie möglich von der politischen bühne verschwinden. sie schadet der allgemeinheit....

  • V
    vic

    Man sollte die FDP abschaffen.

    Grund: Eine kriminelle Vereinigung in Regierungsverantwortung ist mit der Verfassung nicht vereinbar.

  • TH
    Topper Harley

    Die FDP ist einfach nur noch ein Verein voller Clowns die an der Realität vorbeileben. Diese "Idee" ist es nicht einmal wert darüber zu spotten. Oder doch: Einfach nur lächerlich.

  • P
    pette

    boah...bla bla.. ey.. hui...und alle so yeah..

    mach doch mal endlich n grundeinkommen, und gut!

    *nerv*

  • A
    Adebar

    Tja . Da hilft dann nur eins. Bei steigender Mehrwertsteuer und gleichzeitiger Abschaffung der Gewerbesteuer.

     

    KONSUMBOYKOTT

     

    Wenn das in ganz Deutschland mal eine Woche durchgehalten würde. Dann würde diese Regierung ganz schnell zusammen brechen.

    Oder hat jemand eine bessere Idee wie wir diesen Herschaften das fürchten lehren können.?